Mit Stockfotografie Geld verdienen

26. Oktober 2016
von Steffen Körber
2 Kommentare
Ordentlich arrangierte Elemente auf einem Holztisch – von oben fotografiert – sind seit 2015 ein gefragter Trend.

Mit Stockfotografie Geld verdienen

Wenn Sie sich mit der Fotografie etwas hinzuverdienen möchten, könnte das Thema Stockfotografie ­interessant für Sie sein. Im Interview spricht Michael Zwahlen darüber, wie man mit Stockfotografie Geld verdienen kann und worauf man als Neuling in diesem Bereich achten muss.

fotoespresso: Herr Zwahlen, Sie betreiben Stockfotografie schon seit deren Entstehung. Wie hat sich die Stockfotografie im Laufe der Jahre verändert? 

Michael Zwahlen: Als ich 2001 meine ersten Fotos ­online angeboten habe, war gerade die digitale ­Kameratechnik für den Massenmarkt tauglich. Im ­Profibereich war das noch undenkbar. Danach hat sich alles schnell entwickelt: die Verbreitung von Kameras, bei denen man sofort die Ergebnisse sehen kann, das Internet zur kostengünstigen weltweiten Verbreitung, eine neue Kundengruppe von Bloggern und Kleinunternehmern, die nun auch mit Bildern schreiben und werben. Daraus hat sich mit ›Microstock‹ ein preisgünstiges Marktsegment entwickelt und die vormals teuren Bilder – für die teilweise vierstellige Beträge für eine auf ein Jahr beschränkte Nutzung gezahlt wurden – unter Druck gesetzt.

In den letzten Jahren sind die Massen an Bildern ­gigantisch geworden. In meinen besten Jahren 2009 und 2010 habe ich mit knapp tausend eher mittelmäßigen Bildern vierstellige Beträge pro Monat verdient. Heute muss ich für mein Geld wirklich arbeiten. Fotografisch habe ich mich deutlich verbessert und auch die Arbeitsabläufe für mehr und marktgerechtere ­Bilder versuche ich ständig zu optimieren. Und ich diversifiziere, indem ich nicht nur im günstigen Marktsegment anbiete, sondern auch das höherpreisige ­Segment mit besseren Bildern beliefere. Es ist also ­alles mehr, schneller und besser geworden. Und das wird sich demnächst sicher nicht ändern.

fotoespresso: Kann man in der Stockfotografie angesichts so vieler Anbieter und der enormen Menge an Bildern (von denen auch immer mehr lizenzfrei erhältlich sind) tatsächlich noch Geld verdienen? Und um welche Beträge handelt es sich dabei konkret?

MZ: Shutterstock erreicht demnächst 100 Millionen ­Bilder in ihrer Datenbank. Das ist schon eine enorme Masse. Darunter sehe ich aber vermehrt auch riesige Serien mit 50 bis 100 Bildern desselben Motivs. Hinter der Masse steckt also nicht überall Qualität. Man kann ­definitiv noch Geld verdienen, aber man muss den Markt analysieren, die Kundenwünsche erkennen und nicht nur Schnappschüsse im eigenen Garten machen.

Andererseits hat in diesem Markt auch der Hobby-­Fotograf eine Berechtigung, der seine Urlaubsfotos oder die auf dem Weg von der Arbeit nach ­Hause ­gefundenen Bilder vermarkten möchte. Der kann zwar heute nicht mehr wie vor fünf, sechs Jahren mit ­kurzfristig dreistelligen Beträgen rechnen, aber mit Geduld und Konsequenz lässt sich ein Portfolio aufbauen, bei dem monatlich ein ansehnlicher Betrag ­verdient wird. Als Hobby-Fotograf hat man ja auch ­andere Ansprüche: Man kauft seine Kameras aus Freude an der Technik, genauso wie ein Tennisspieler sich einen neuen ­Schläger kauft und Mitgliedsbeiträge im ­Verein zahlt. Der Tennisspieler wird mit seinem ­Hobby aber nur ­äußerst selten 100 Euro im Monat verdienen ­können, der Fotograf kann das dank Stock. Und das reicht, um einmal im Jahr ein tolles neues Objektiv zu kaufen oder eine ­Reisewoche zusätzlich zu finanzieren. Oder einfach nur einmal im Monat richtig schick essen zu ­gehen.

Stockfotografie Beispiel Big Ben Zwahlen
Populäres Motiv, einzigartige Umsetzung – für mich gehört dieses Bild heutzutage in Premiumagenturen. Kunden zahlen gerne etwas mehr für ein Bild, das aus der Masse heraussticht.

fotoespresso: Wie wichtig ist ein großer Bildbestand?

MZ: Sehr wichtig, sofern es sich um genügend unterschiedliche Bilder handelt. Im letzten Jahr wurde unter den Kollegen der Link zu einem Portfolio mit 35.000 Bildern herumgereicht, das eigentlich ausschließlich aus Fotos von Marihuana besteht. In verschiedenen Formen, Blickwinkeln, mit überlagerten Texten usw. Ich glaube, der Fotograf hätte nach spätestens 200 Bildern aufhören können. Mit immer mehr ähnlichen Bildern zum gleichen Thema bietet man zwar den interessierten Kunden eine bessere Auswahl, gewinnt aber keine weiteren Kunden hinzu.

Andererseits ist Effizienz auch wichtig, wenn man erfolgreich sein will. Also fotografiere ich auch durchaus Bildserien; ich bemühe mich aber darum, nicht nur ein Konzept abzubilden, sondern eine ganze ­Reihe. ­Damit am Ende nicht nur der Autor eines ­Blogartikels zum Thema ›Mobbing‹ ein passendes Bild bei mir ­findet, sondern auch ein Anbieter von Maßnahmen zur ›Teambildung‹. Beide Themen sind sich sehr ähnlich, lassen sich also gut in einem Shooting kombinieren, sprechen aber zwei ganz unterschiedliche Zielgruppen an.

fotoespresso: Wenn man sich so manches ­Stockfoto ­anschaut, denkt man schnell: »Das kann ich doch auch.« Wie schwierig ist es, Stockfotos zu erstellen?

MZ: Können Sie doch auch. Sie brauchen nicht einmal eine Spiegelreflexkamera, auch mit Ihrem Smartphone lassen sich heute bei gutem Licht sehr brauchbare Bilder fotografieren. Mein Allzeit-Bestseller ist ein Foto von einem See, eigentlich nur eine Wasseroberfläche mit ein paar Wellen. Das kann wirklich jeder fotografieren. Dann muss man eben auch noch den Zusatzaufwand betreiben, die Bilder zu verschlagworten und hochzuladen. Naja, dann kommt aber eben auch noch eine Komponente dazu: Glück. Ein Bild wird nicht durch die Qualität des Bildes zum Bestseller, sondern es muss auch schnell die ersten Downloads bekommen. Dann wird es von den Suchmaschinen als ›besser‹ eingestuft und den Kunden noch öfter gezeigt.

Stockfotografie Wasser Zwahlen
Mein Allzeit-Bestseller – das könnte jeder fotografieren. Trotzdem hat dieses Foto mir viel Geld eingebracht, sehr viel Glück gehörte aber auch dazu.

Dieses Glück kann man natürlich auch ›­erzwingen‹. Zum einen dadurch, dass man sich schon auf ­Motive konzentriert, die überdurchschnittlich oft nachgefragt werden. Andererseits ist eben jedes Bild wiederum eine Art Lotterielos für dieses Glück: Je mehr Lose man kauft, also Bilder man hochlädt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, irgendwann dazwischen einen Jackpot zu landen. Also: Jeder kann Stockfotos ­produzieren, aber nur mit Ausdauer, Zusatzaufwand und Marktanalyse wird man damit dauerhaft auch ­gutes Geld verdienen können.

fotoespresso: Gibt es Motive, die derzeit besonders gefragt sind?

MZ: Die Grundmotive ändern sich über die Zeit nur sehr langsam: Die wichtigen Themen für uns alle sind Arbeit, Familie, Geld, Gesundheit, Kindheit und Alter, Sport und Fitness. Für alles, mit dem wir Geld verdienen oder für das wir Geld ausgeben, wird auch viel ­geschrieben und viel geworben. Dort werden also auch stets Bilder benötigt.

Dann gibt es natürlich Bildtrends, die sich im ­Laufe der Zeit teilweise schnell ändern: Vor ­einigen ­Jahren waren die ›Miniaturisierungs-Effekte‹ von Tilt-Shift-­Objektiven gefragt, dann kam mit Instagram eine Nachfrage nach ›Vintage‹-Motiven, im ­Moment sind ­Fotos von Tischen gerade von oben aus der ­Vogelperspektive sehr gefragt, und auch Objektivfehler wie Lensflares werden bewusst in Bilder eingebaut. Diese Trends sind teilweise kurzlebig, man muss also schnell darauf reagieren, dann können sie sich aber gut ­auszahlen.

Ordentlich arrangierte Elemente auf einem Holztisch – von oben fotografiert – sind seit 2015 ein gefragter Trend.
Ordentlich arrangierte Elemente auf einem Holztisch – von oben fotografiert – sind seit 2015 ein gefragter Trend.

fotoespresso: Sollte man eher auf Bestseller oder auf Nischenthemen setzen?

MZ: In Microstock  setze ich vor allem auf generische Themen, die sich möglichst oft verkaufen. Wenn ich zehn Bilder für zehn Nischen produziere, die sich am Ende des Jahres nur je drei Mal für 25 Cent verkauft ­haben, ist mein Gesamtumsatz bei 7,50 Euro  – das bringt nichts. Lieber produziere ich zehn Bilder für zehn ­immer wieder gefragte Themen. Dabei trete ich dann natürlich auch gegen einen Markt an, in dem schon viele Bilder für diese Themen vorhanden sind. Von den zehn Bildern verschwinden also wahrscheinlich neun für immer in den Untiefen der Suchmaschinen. Aber das zehnte verkauft sich heute einmal, morgen wieder, und nächste Woche noch mal. Und am Ende des Jahres hat es 20, 50 oder 100 Euro eingespielt.

Wer eine Nische bedienen will, der sollte sich ­genau mit dem Markt beschäftigen: Viele Nischen s­ind letztlich so eng, dass die hundert anderen Fotografen, die dieselbe Nische fotografieren, schon alle Kunden glücklich machen. Dann wird man kein Geld damit ­verdienen. Wer eine Nische für sich alleine entdeckt, kann aber eventuell in höherpreisigen Segmenten das Thema anbieten. Ich versuche zunehmend Bilder mit Alleinstellungsmerkmal in dieser Richtung anzubieten – wenn es für ein Bild ohnehin nur fünf oder zehn ­potenzielle Käufer pro Jahr gibt, werden die aller Wahrscheinlichkeit nach auch gerne ein paar Euro mehr für ein passendes, gutes Bild bezahlen. Und als Fotograf verdient man dann an den Verkäufen wenigstens ­etwas mehr als nur ein paar Cent.

fotoespresso: Was macht Ihrer Meinung nach ein ­gutes Stockfoto aus? Und wie vermeide ich schlechte Stockfotos?

MZ: Ein gutes Foto ist selten auch ein gutes ­Stockfoto. Ein gutes Foto ist nämlich ein fertiges Werk, das für sich alleine steht. Ein gutes Stockfoto dagegen ist in vielen Fällen unvollendet. Es hat bewusst ›langweilige‹ Komponenten, um nicht vom Hauptmotiv abzulenken. Es lässt bewusst freien Raum, auf dem der ­Bildkäufer den Titel seines Artikels oder seine Werbebotschaft platzieren kann. Viele gute Stockfotos würden in ­Fotografengruppen keine positive Resonanz finden.

Schlechte Stockfotos liegen selten am Motiv, auch ein dreckiger Aschenbecher kann sich als Stockfoto verkaufen. Schlecht wird ein Stockfoto vor allem durch fehlerhafte Komposition wie schiefe Horizonte, durch übermäßige Bearbeitung (neutral-langweilig ist ­besser als dramatisch-übersättigt) oder einen unpassenden Schärfeverlauf.

Aber oftmals disqualifizieren sich Bilder als Stockfotos auch durch rechtliche Probleme: Um Bilder ­weltweit und auch für werbliche Zwecke verwenden zu können, darf ein Bild keine Rechte Dritter ­verletzen. Wer den neuen Porsche des Nachbarn in dessen ­Garage fotografiert, der verletzt die Marken- und ­Designrechte des Autoherstellers und die erweiterten ­Persönlichkeitsrechte des Nachbarn, eventuell auch noch sein Hausrecht, wenn man dazu dessen Grundstück betritt. Auch mit rechtlichen Themen muss sich ein angehender Stockfotograf also ausführlich auseinandersetzen.

fotoespresso: Was sind häufige Fehler bei angehenden Stockfotografen?

MZ: Ungeduld, mangelnder Anpassungswille – und die Schuld bei Agenturen zu suchen. Wie schon gesagt, Ablehnung ist ein ständig zu lesendes ­Problemthema. Ja, manche Ablehnungen lassen sich bei einem zweiten Versuch auch überstimmen. Aber wer wirklich gute Stockfotos produziert, wird selten die Hälfte seiner Bilder oder mehr abgelehnt bekommen. Gute Stockfotos nimmt jeder Bildredakteur gerne an, und weder Redakteur noch Agentur haben eine ­Motivation, Bilder unnötig abzulehnen. Also kann man vieles selbst daran tun, um seine Annahmequote zu verbessern. Ständiges Hinterfragen, ob der Bildredakteur denn vielleicht blind gewesen sei, verlagert die Verantwortung. Das tut dem Ego gut, aber nicht dem langfristigen Erfolg.

Ebenso die Erwartung nach schneller ­Belohnung. Meine Fotos verkaufen sich auch nach drei, fünf oder acht Jahren noch. Ob ich jetzt schnell ein paar Cent ­verdiene oder nicht, spielt dabei keine so ­große Rolle. Wer nur kurzfristig denkt, wird kaum Erfolg ­haben im Stockfoto-Markt. Ich empfehle daher, sich ­lieber ­kleine, überschaubare, aber regelmäßige ­Ziele zu ­setzen, die man selbst unter Kontrolle hat: ­jeden Abend nach der Arbeit drei neue Fotomotive auf dem ­Heimweg ­suchen. Jedes Wochenende zehn ­Bilder für die ­Agenturen ­fertig machen. Jeden Monat ein ­Wochenende nur für die Arbeit am Portfolio reservieren. Wer solche ­Pläne macht und die für 12 oder 24 Monate durchzieht, baut sich Schritt für Schritt ein ­großes Portfolio auf und wird damit auch Geld verdienen. Zwischendurch ab und zu danach schauen, ­welche der eigenen Fotos sich verkaufen und was sich als ­Reinfall erweist, und die Pläne dann laufend anpassen, auch das ­sollte zum ­Erfolgsplan dazu gehören.

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2 Kommentare:
  1. Ich habe da mal eine Frage, die ich mir bei der Fotografie von Stockbildern immer wieder stelle. Um einigermaßen Geld mit den Bildern zu verdienen, benötigt man ja schon eine ganze Menge an Fotos, die man hoch lädt. Wie schärfst du diese Masse an Fotos? Jedes einzelne Bild zu schärfen wäre doch bestimmt eine fast unlösbare Aufgabe, oder?

    Gruß
    Dennis

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