Bildverwaltung auf dem iPad: Die Technik

29. November 2017
von Sascha Erni
1 Kommentare
iPad Bildverealtung

Bildverwaltung auf dem iPad: Die Technik

iPad Bildverealtung

Apples iPad Pro ist ein attraktives Gerät. Wollen Sie aber das Tablet als Fotograf einsetzen, gibt es insbesondere in Sachen Bildverwaltung einige Hürden zu nehmen.

Nicht erst seit der Vorstellung des ersten iPad Pros im Jahr 2015 fragen sich immer mehr Anwenderinnen und Anwender, ob ein Tablet nicht ihre Notebooks und Desktoprechner ablösen könnte. Für die meisten Beobachter ist klar: für weniger aufwendige Arbeiten geht das sicherlich, aber sobald es um größere Datenmengen und komplexere Aufgaben geht? Da hat ein iPad keinen Stich gegen einen »richtigen« Computer. Aber das dicke 12.9″ iPad Pro ließ Zweifler doch stutzen – dank des gleichzeitig vorgestellten Apple Pens auch zunehmend Fotografen. Mit iOS 11 setzt auch Apple den Fokus auf das iPad als Computerersatz. Programme wie Affinity Photo oder Procreate zeigen bereits seit einiger Zeit das ­Potential auf, das in Apples leistungsstarkem Touch-Rechner steckt. Viele Fotografen sagen sich nun: Bildbearbeitung auf dem iPad? Geht hervorragend …
… aber die Bildbearbeitung ist nur ein Teil der täglichen Fotografiearbeit. Da wäre auch noch die Raw-Entwicklung und nicht zuletzt die Bildverwaltung. Diese stellt auch 2017 noch immer den Knackpunkt dar. Das liegt nicht nur an Dingen wie der Frage nach einem sinnvollen Workflow, sondern vorwiegend an technischen Limitierungen. Denn auch mit iOS 11 unterstützen iPads von Haus aus keinen externen Massenspeicher. Mal kurz eine Archivplatte anschließen ist nicht, und die 256 oder 512 GB an Speicherplatz der »Pro«-Geräte füllen sich besonders in der Raw-Fotografie so schnell, dass bereits der Bildbestand weniger Monate zu einem ernsthaften Problem wird. Ohne Mac oder PC scheint es nicht zu gehen, also wozu nochmals an die 1.000 € ausgeben?

iPad-Bildverwaltung ist noch ein kleiner Markt

Alle die genannten technischen Probleme lassen sich heute lösen. Auch softwareseitig geht es vorwärts: Neben ersten mehr schlecht als recht gelungenen Versuchen, bessere Bildverwaltungsoptionen fürs iPad anzubieten, haben sich einige Applikationen zu durchaus professionell nutzbaren Lösungen gemausert. Fragt man Branchenriesen wie Adobe, scheint die Zukunft sowieso mobil, in der Cloud, stattzufinden. Erst kürzlich hat Adobe das komplette Konzept von Lightroom über den Haufen geworfen. Die beliebte Raw-Workflowsoftware wird nur noch unter dem Namen »Classic« geführt, in Zukunft sollen Sie zur Cloud-Lösung ­Lightroom CC greifen.

Das neue Lightroom CC soll den parallelen Einsatz unterwegs und im Büro revolutionieren.

Gleichzeitig positionieren sich seit einigen Jahren auch kleinere Studios am Markt. Mylio hat sich dabei als besonders robust herausgestellt. 2012 vom ehemaligen Microsoft-CTO David Vaskevitch gegründet sieht sich Mylio als Alternative zu Web-Bilderdiensten wie Google Photos. Mylio legt keine Daten in einem eigenen Service ab, sorgt aber mit aufwendigen Synchronisationen dafür, dass die Bilder mehrfach gesichert auf Ihren Rechnern, externen Platten, Cloud-Speichern, Smartphones und eben auch auf Ihrem iPad liegen. Die Nutzung auf mobilen Geräten ist kostenlos, was Mylio zu einer interessanten Option für Fotografen macht, die so viel wie möglich auf einem iPad (Pro) erledigen möchten.

Mylio bietet die zur Zeit umfangreichsten Organisationsfunktionen für die Bildverwaltung auf iPads an.

Als dritter im Bunde startete im Herbst 2017 die iOS-App Pixave des südkoreanischen Entwicklers YoungHo Kim. Für macOS gibt es Pixave schon länger und hat sich dort einen ausgezeichneten Ruf als ›Medienverwaltungs-Mädchen-für-Alles‹ erarbeitet.

Als einzige zur Zeit verfügbare Bildverwaltung ist Pixave von Grund auf für den Einsatz auf iPads mit iOS 11 ausgelegt.

Diese drei Applikationen werden wir im nächsten fotoespresso ausführlich besprechen. Drei Applikationen, das war’s? Für unseren Vergleich ja. Zur Zeit ist der Markt sehr übersichtlich – denn Apple hat es versäumt, das größte Problem für die ernsthafte Fotografie auf dem iPad aus dem Weg zu räumen. Die Fotos-App und besonders die Fotomediathek machen es Entwicklern nicht leicht, im Markt Fuß zu fassen.

Das Fotos-App-Problem

Apples Fotomediathek nimmt im iOS-Kosmos eine zentrale Rolle ein. Alles, was mit »Bildern« im weitesten Sinne des Wortes zu tun hat, soll darüber laufen – vom Screenshot über iPhone-Fotos und Illustrationen bis zu Raw-Dateien und 4K-Videofilme. Nutzer sollen sich nicht fragen, wo genau sie ihre Urlaubsbilder abgelegt haben oder wo sie das Bildschirmfoto für einen Support-Fall finden werden. Bild? Fotomediathek.

Nur leider hat dieser Ansatz gleich mehrere entscheidende Nachteile für die Fotografie jenseits von Handybildern und macht es Entwicklern schwierig, alternative Bildverwaltungsprogramme auf dem iPad zu etablieren.
Apple sieht nicht vor, dass Bilder nicht durch die Fotos-App laufen.

Die Dateien-App von iOS 11 ist stark eingeschränkt: weder kann sie auf externe Medien wie Bildarchiv-Festplatten zugreifen noch hat sie Zugriff auf die Fotomediathek. Apples Fotomediathek-Zentriertheit geht so weit, dass selbst der schweineteure SD-Kartenleser ausschließlich mit der Fotos-App zusammenarbeitet. Eine Trennung zwischen privaten Schnappschüssen und Auftragsfotografie, wie sie noch bei Apples Aperture einfach umzusetzen war, sieht die Fotomediathek nicht vor.

All das macht es für App-Entwickler unattraktiv, selbst eine Bildverwaltung auf die Beine zu stellen, entsprechend wenige Alternativen gibt es. Aber: Mit iOS 11 und besonders der neuen Drag-and-Drop-Funktionalität eröffnen sich endlich Möglichkeiten, die genannten Einschränkungen der Fotomediathek zu umschiffen. Das »Problem Fotos-App« muss also keines sein, selbst dann nicht, wenn Sie das iPad als einzigen Arbeitsrechner verwenden möchten.

Ein erstes Fazit

Die zentrale Rolle, die Apple für die Fotos-App und die Fotomediathek vorgesehen hat, stellt sich als größtes Hindernis für den Einsatz eines iPads für die Bildverwaltung heraus. Aber langsam, nach doch bald einem halben Jahrzehnt, zeichnen sich Lösungsansätze ab, die auch tatsächlich im Praxisalltag bestehen können. Nur, weshalb sollte man das überhaupt tun wollen?

Vielleicht haben Sie nach Jahren mit Windows oder macOS die Nase voll von antiken Computer-Paradigmen und damit verbundenen Problemen. Vielleicht ist aber auch Ihr einziges Notebook den Weg alles Irdischen gegangen und ein gleichwertiger Ersatz passt nicht ins Budget. Oder aber Sie haben nur einen stationären Rechner und ein herumliegendes iPad, und eine neue Anstellung als Reportage-Fotografin verlangt nach einem mobileren Einsatz als bisher. Oder aber Sie waren schon in der Heimcomputer-Ära der schräge Vogel, der sich vor DOS und Windows gedrückt hat und lieber mit exotischen Betriebssystemen und Konzepten experimentierte? Es gibt viele gute Gründe, sich mit dem Thema iPad-als-Arbeitsgerät auseinanderzusetzen.

Für die meisten Fotografinnen und Fotografen dürfte es jedoch sinnvoller sein, ein iPad bloß als Zusatzgerät zum stationären Arbeitsrechner einzusetzen. Denn neben den hier besprochenen technischen Hindernissen stellt sich auch die Frage nach einem sinnvollen Arbeitsablauf bzw. Workflow. Dazu dann mehr in der nächsten Ausgabe.

Workshop: Ohne Fotomediathek aufs iPad

Dieser Artikel erscheint auch in der kommenden Ausgabe von fotoespresso und wird einen Workshop darüber enhalten, wie Sie Bilder ohne die Fotomediathek auf dem iPad abspeichern können.

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1 Kommentar:
  1. Da meine bisherige Technik (5 Jahre altes Macbook mit LR6) wohl bald das Zeitliche segnet bzw. von Adobe gesegnet wird, ist das ein interessanter Ansatz für eine alternative Arbeitsumgebung. Bin schon gespannt auf den zweiten Teil.

    Vielen Dank für diese Anregung!

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