Ein paar Linien mehr machen noch keine Großformatqualität
Was bringen Mikrofilme in der bildmäßigen Fotografie?
Vorrede
(dürfen Sie überspringen, ist nur Historie)
Was war das noch für ein Trubel, als die erste Hochauflösungsfilme
auf den Markt kamen! Von der Revolution in der Fotografie war die Rede, von
Großformatqualität vom KB-Negativ, vom schärfsten Film aller
Zeiten usw.
Nach anfänglicher Goldgräberstimmung ist inzwischen wieder etwas Ruhe
eingekehrt. Es hat sich gezeigt, dass mit Hochauflösungsfilmen zwar ganz
hervorragende Bildqualitäten zu erreichen sind, dass aber längst nicht
jeder damit glücklich sein kann. Ich wurde durch einen Zufall auf die nicht
besonders aggressiv beworbenen Produkte von Herrn Schain aufmerksam, speziell
den Agfa Copex Rapid, einen eigentlich nicht für bildmäßige
Anwendungen gedachten Mikrofilm, mit SPUR Nanospeed Chemie. Ich bekam ein paar
Testmuster, probierte Agfa Copex Rapid mit SPUR Nanospeed aus und war begeistert.
In jüngerer Zeit hat Herr Schain einen weiteren Zaubertrank für die
Hochauflösung ersonnen, den Entwickler SPUR Imagespeed, der zusammen mit
einem anderen Mikrofilmmaterial einen weiteren Schritt nach vorn darstellen
sollte.
Schon bei der Paarung Agfa Copex Rapid/SPUR Nanospeed behaupteten einige Kritiker,
das sei doch alles Humbug. Schon ein Ilford Delta 100 würde bei richtiger
Aufnahme und Verarbeitungstechnik mehr leisten als die besten Objektive hergeben
würden. Was sollte da ein noch „besseres“ Verfahren liefern?
Die Recherchen zu dieser Frage haben mir eine ganze Reihe von grundsätzlichen
Sachverhalten klar gemacht, über die ich mir bisher wenig Gedanken gemacht
hatte. Meine Einsichten in dieses Gebiet verdanke ich der Lektüre von Artikeln
von Herrn Schain, Gesprächen mit ihm sowie Experimenten mit Filmen, die
er mir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Es ist daher nicht
mehr als recht und billig, denke ich, wenn ich seine Produkte als Aufhänger
für diesen Artikel wähle, an dessen Ende Sie sich, so hoffe ich, selbst
ein Bild machen können, was Hochauflösung Ihnen bringen könnte.
Was ist ein „Hochauflösungsfilm“?
Die heutigen Standardfilme haben schon ein Auflösungsvermögen, das
die meisten Fotografen nicht auskosten (können). Die Spitzenreiter bei
den konventionellen Filmen sind:
Film | Auflösungsvermögen bei Kontrast 1:1000 |
MACO PO 100c | 260 lp/mm |
Kodak
T-max 100 Fuji Neopan 100 Acros*) |
200 lp/mm |
Anmerkung: Bei dem in manchen Zeitschriftenartikeln für den Fuji Neopan 100 ACROS angegebenen Auflösungsvermögen von 400 lp/mm muss es sich nach meinem Verständnis (und dies wird durch andere bekräftigt) um einen Mess- oder Druckfehler handeln. Selbst Fuji behauptet im Datenblatt [4] für den Film nicht mehr als 200 lp/mm. |
Aber was bedeuten diese Zahlen?
Die Frage, die man sich praktischerweise stellen muss, ist doch die:
Was schränkt die Auflösung des Gesamtsystems Objektiv –
Film ein?
Gute moderne Optiken bringen es auf ein Auflösungsvermögen von rund
500 lp/mm unter optimalen Bedingungen, d.h. insbesondere bei einem Kontrast
von 1:1000. Dabei geht es allein um die optische Leistung, Fehler wie Verwacklung
usw. sind nicht das Thema.
Auflösung vs. Schärfe
Die Begriffe Auflösung und Schärfe werden oft durcheinandergeworfen.
Wie in meinem Artikel über die Optimierung der Schärfentiefe in Landschaftsaufnahmen
(swmag_wollstein_07.htm,
Bild 3) erläutert, sind die beiden Begriffe zu trennen. In [1] legt Ctein
dar, dass für den Schärfeeindruck eines aufgelösten Linienpaars
eine um den Faktor drei höhere Auflösung erforderlich ist als allein
für die Tatsache, dass das Linienpaar aufgelöst wird.
Dies ist aber auch höchstens die Hälfte der Wahrheit. Für Filme
angegebene Nennwerte der Auflösung gelten zunächst für einen
Kontrast von 1:1000. D.h. der Kontrast zwischen dem Schwarz der Linie und dem
Weiß des Hintergrundes beträgt 1:1000 oder – das ist für
uns Fotografen anschaulicher – rund 10 (!) Blendenstufen. Herr Schneege
von Ilford nannte mir als Daumenregel, dass man für die meisten praktischen
Fälle mit etwa der Hälfte der Nenn-Auflösung rechnen kann. Tatsächlich
geht es uns bei praktischen Aufnahmen aber in aller Regel darum, Details aufzulösen,
bei denen zwischen „Hell“ und „Dunkel“ innerhalb eines
Bereichs im Bild nur geringe Helligkeitsunterschiede vorliegen. Dies gilt insbesondere
für die so wichtige Schattenzeichnung.
Kontrast: En Gros
Mikrofilmmaterial ist zunächst zur Ablichtung von Dokumenten gedacht und
verhält sich daher auch sehr ähnlich wie Dokumentenfilm. Filme wie
der nicht mehr angebotene Agfaortho 25 und sein Nachfolger MACO Ort 25c weisen
eine extrem steile Schwärzungskurve auf, da normalerweise nur von ihnen
verlangt wird, möglichst trennscharf zwischen Schwarz und Weiß zu
unterscheiden. Für die bildmäßige Fotografie, wo es auf stetige
Tonwertabstufungen ankommt, sind sie nur zu gebrauchen, wenn man sie mittels
speziell formulierter kontrastmindernder Entwickler (z. B. SPUR Dokuspeed, LP-DOCUFINE
LC, Tetenal Neofin Doku) zähmt.
Wir reden an dieser Stelle über den Globalkontrast, d.h. darüber,
wie der Film „im Großen“ Helligkeitsunterschiede umsetzt.
Beschrieben wird der durch die Schwärzungskurve bzw. den Gradienten. Wichtig
für die Auflösung von Details in Fotos ist aber insbesondere der Detailkontrast,
das Verhalten des Films bei der Umsetzung von Helligkeitsunterschieden im Kleinen.
Kontrast: En Détail
Von Detailkontrast reden wir in den Bereichen hoher Auflösung. Machen Sie
mit mir ein Gedankenexperiment: Wir betrachten zwei (hier recht dicke) schwarze
Linien auf weißem Grund. Die beiden Linien sind ein Stück weit auseinander.
Zwischen den Linien ist dann ein weißer Bereich. Jetzt rücken wir
die Linien immer weiter zusammen. Was passiert? Irgendwann ist der weiße
Bereich von jetzt auf gleich „weg“. Aber bis zu diesem Zeitpunkt
vorher war er noch rein weiß. Im Idealfall zweier wirklich scharfer Balken
gibt es nur die Zustände „weißer Zwischenraum“ und „kein
Zwischenraum“, nichts sonst.
Jetzt machen wir dasselbe mit zwei unscharfen schwarzen Linien. Wenn wir die
immer näher zusammenbringen, fangen die Unschärfen irgendwann an,
zu überlappen. Der Bereich zwischen den Linien ist ab dem Moment nicht
mehr weiß, sondern grau. Das veranschaulicht Bild 1.
Bild 1: Zur Veranschaulichung der Modulationsübertragungsfunktion (MTF)
Wir betrachten nun den Kontrast zwischen dem Bereich zwischen den Linien und
den Linien selbst. Bei ideal scharf berandeten Linien sei dieser Kontrast –
Weiß zu Schwarz – 100%. Er bleibt in unserem Experiment bei den
scharfen Linien bis zuletzt 100%, weil wir die Linien als ideal scharf berandet
angenommen hatten.
Bei den unscharfen Linien nimmt der Kontrast schon ab, bevor die Linien zusammenstoßen.
Die Unschärfebereiche überlagern sich, und statt weiß/schwarz
haben wir grau/schwarz, deutlich weniger als 100%.
Man sieht, glaube ich, ganz intuitiv ein, dass der Zwischenraum zwischen den
beiden unscharfen Linien schon früher „verschwunden“ sein wird
als der zwischen den scharfen Linien.
Das Pendant der im Bild simulierten Unschärfe ist die Konturenschärfe
in einem Film. Kein Film hat eine ideal 100%ige Konturenschärfe. Es ist
sogar so, dass Mikrofilme aufgrund der Tatsache, dass sie für diesen Zweck
eigentlich nicht gemacht wurden, bei bildmäßiger Anwendung eine schlechtere
Konturenschärfe aufweisen als konventionelle Filme.
Der von mir definierte Kontrast (weiß/schwarz bzw. grau/schwarz) ist sozusagen
eine primitive Version der Modulationsübertragung. Je kleiner der Abstand
zwischen den unscharfen Linien wird, desto geringer wird meine Modulationsübertragung.
Bei Filmen werden zur Darstellung der Auflösung so genannte Modulationsübertragungskurven
(MTF = Modulation Transfer
Function) angegeben. Sie geben die Modulationsübertragung
in Prozent (eine Art Kontrast) als Funktion der Ortsfrequenz in Zyklen je Millimeter
(eine Art Linienabstand) an. Kodak gibt sie z. B. für T-max-Filme in [2]
an.
Für Bild 2 habe ich Werte aus verschiedenen Datenblättern von Kodak
(die leider nicht als Zahlen vorliegen, sondern nur als Kurven, daher sind die
Werte nicht sehr genau) mit einander verglichen. Hier zeigt sich deutlich der
Unterschied zwischen dem konventionellen T-max 100 und dem Mikrofilm Imagelink
HQ.
Bild 2: Grobe MTF-Kurven für Kodak T-max 100 und Kodak Imagelink HQ im
Vergleich
(Pink: Imagelink. Blau: T-max)
Schärfe = ?
Zurück zur Startfrage: Für den Schärfeeindruck ist einerseits
die Auflösung von Belang, andererseits der Detailkontrast und die Konturenschärfe.
Von der Auflösung her sehen die Mikrofilme grundsätzlich besser aus
als konventionelle Filme, aber nach dem oben Gesagten nicht von der Konturenschärfe
her. Die Folge ist, dass ein konventioneller Film bei bestimmten Vergrößerungsmaßstäben
wegen seiner Konturenschärfe (Die kann besser sein, weil der Film für
bildmäßige Anwendung optimiert ist.) schärfer aussehende, wenn
auch geringer aufgelöste Bilder erzeugen kann. Bei großen bis sehr
großen Vergrößerungsmaßstäben fällt dann die
bessere Auflösung des Mikrofilms wieder ins Gewicht.
Empfindlichkeit – wenn man sie denn so nennen mag
Bei Mikrofilmen spielt die Empfindlichkeit (wie bei anderen Dokumentenfilmen)
keine große Rolle. Ist der Film unempfindlich, im Fotografenjargon „langsam“,
so belichtet man eben länger oder holt sich stärkere Lampen. Den abzulichtenden
Vorlagen ist das meist egal. Sie laufen nicht weg.
Anders bei der bildmäßigen Fotografie: Hat es mitunter Vorteile,
wenn man bestimmte Motive per Langzeitbelichtung aufnimmt (Herumlaufende Menschen
kommen dann nicht mit aufs Bild.), so sollte die Empfindlichkeit in den meisten
Fällen aus praktischen Gründen doch nicht zu klein werden. Praktisch
hat sich in der Mehrzahl aller Fälle als untere Grenze der Empfindlichkeit
für bildmäßig zu verwendende Filme ein Wert von ISO 25/15°
eingebürgert. Schon damit hat man oftmals Schwierigkeiten, bei Landschaftsaufnahmen
Blätter noch scharf abzubilden.
Ein Teil der Kunst bei der Formulierung eines Entwicklers wie SPUR Imagespeed
besteht denn auch darin, dem Mikrofilm eine möglichst hohe nutzbare Empfindlichkeit
abzutrotzen, ohne Auflösung und Schärfe zu beeinträchtigen und
dabei gleichzeitig den Kontrast innerhalb bildmäßiger Grenzen zu
halten.
Korn
Über Filmkorn und Körnigkeit kursieren die wildesten Dinge. Was ist
das ominöse Korn?
Das Bild besteht aus feinen Partikeln elementaren Silbers. Diese haben nicht
etwa die Form von „Klumpen“, wie der Name Korn suggerieren könnte,
sondern sind eigentlich feine Silberfädchen, auch Filamente genannt, die
mit einander verknäuelt sind. Was wir im fertigen Bild als „Korn“
sehen, sind eigentlich kleine Löcher zwischen den Knäueln.
De gustibus non est disputandum. (Über Geschmack lässt sich
nicht streiten.) Wenn sich zwei Menschen über dasselbe Korn unterhalten,
kann es durchaus passieren, dass ein unbefangener Zuhörer gar nicht merkt,
dass die beiden über dasselbe reden. So verschieden sind die Ansichten
darüber, wie viel Korn man haben möchte oder zu ertragen bereit ist.
Korn kann dem Schärfeeindruck sehr zuträglich sein: Das Gehirn
hat den Eindruck, ein Bild sei scharf, wenn das Bild viele feine und feinste
Details enthält. Scharf abgebildetes Korn kann diese Rolle übernehmen
und als Feinstruktur das Gehirn zu der Annahme verleiten, ein Bild sei scharf,
auch wenn es eigentlich nicht scharf ist.
Das Korn eines gegebenen Films kann in recht weiten Grenzen durch die Belichtung
und Entwicklung beeinflusst werden.
Es gibt allerdings ein objektives Maß für das Negativkorn, die so
genannte RMS-Körnigkeit. Dabei wird in einer einheitlichen Fläche
des Films mit einer bestimmten großflächigen Dichte (hier: 1,0)
mit einem Mikrodensitometer gemessen. Ein Mikrodensitometer ist ein Densitometer,
auf dessen Messkopf eine sehr enge Messblende sitzt (hier: 48 µm Durchmesser).
Wenn man den Messkopf verschiebt, sieht man, dass auch eine einheitlich
dichte
Fläche auf kleinen Strecken deutliche Dichteschwankungen aufweist. Ein
Mittelwert (Effektiv- oder RMS-Wert) dieser Schwankungen ist bei Angabe des
Messblendendurchmessers ein praktikables Maß für die Körnigkeit,
wenn man ihn mit unter identischen Bedingungen (insbesondere gleicher Blendendurchmesser
und gleiche Dichte im Messbereich) gewonnenen Werten anderer Filme vergleicht.
Beispielhaft seien ein paar RMS-Werte zitiert, die unter identischen Bedingungen
gewonnen wurden:
Film | RMS-Körnigkeit |
Kodak Technical Pan | 5 |
Kodak Imagelink HQ | 6 |
Fuji Neopan 100 ACROS | 7 |
Kodak T-max 100 | 8 |
Agfa Copex Rapid | 9 |
Kodak T-max 400 | 10 |
Man muss es Herrn Schain lassen, dass er seine Produkte nicht „schönlügt“:
Ich persönlich empfand meine Großvergrößerungen mit Agfa
Copex Rapid und Kodak Imagelink HQ beeindruckend kornarm (die des Copex schon
körniger als die des Imagelink) und hatte das in meinem ersten Entwurf
dieses Artikels auch so dokumentiert. Hier der O-Ton von Herrn Schain dazu:
„Bin allerdings der Meinung, daß der Unterschied zwischen Imagelink
und Copex im Korn doch größer ist als von Ihnen dargelegt! Das Korn
vom Imagelink entspricht etwa dem des Technical Pan, der als der bisher feinkörnigste
Film gilt. Das Korn vom Copex ist doch deutlich gröber und manchmal (vor
allen Dingen in den Himmelspartien, wenn der Himmel etwas Deckung hat) sogar
schlechter als das vom Tmax 100.“
Haltbarkeit
Mikrofilme dienen der Archivierung und werden i.d.R. in maschinell verarbeitet.
Sie müssen also mechanische Beanspruchungen durch die Entwicklungsmaschinen
aushalten und nachher archivbeständig sein. Der Filmträger ist deswegen
Polyester, und dieses Zeug ist reißfest und haltbar.
Aber: Fein verteilte Silberkörner sind anfälliger für
aggressive Umweltchemikalien wie SO2 und NOx.
Das liegt vermutlich daran, das so fein verteilte Körnchen bezogen auf
die Bildsilbermenge eine riesige Oberfläche haben, die aggressiven Agenzien
zugänglich ist. Das ist vermutlich der Grund, warum Mikrofilmarchive oft
mit Haltbarkeitsproblemen der fertig verarbeiteten Filme zu kämpfen haben.
Es bilden sich oft so genannte „Red Spots“. Man sollte daher aus
meiner Sicht Mikrofilme wie Agfa Copex Rapid und Kodak Imagelink HQ, aber auch
Dokumentenfilme wie MACO Ort 25c und andere feinkörnige Filme wie Kodak
Technical Pan oder MACO TP 64c, MACO UP 25p, Efke KB 25 usw. am Schluss der
Verarbeitung in einem Stabilisatorbad wie Agfa Sistan (s.
swmag_wollstein_05.htm) oder Fuji AG Guard (m.W.
in Europa nicht verfügbar) baden, um Problemen vorzubeugen. Agfa Sistan
ersetzt dann auch das Netzmittel. Nach dem Sistan-Bad darf nicht mehr gewaschen
werden. Agfa Sistan hat keinen wie auch immer gearteten Einfluss auf den Bildton
oder die fotografischen Eigenschaften des Silberbildes und ist – das hat
lt. Agfa das Image Permanence Institute (IPI) inzwischen nachgewiesen –
ein wirksamer Schutz für das Bildsilber.
Des Pudels Kern: Die Anwendung
Erfreulicherweise muss man zur Anwendung der Filme und ihrer Verarbeitung nur
wenig sagen. (Ärgerlich für den Kolumnisten: Er hat nicht viel zu
schreiben.) Behandeln Sie Agfa Copex Rapid und Kodak Imagelink HQ wie andere
Filme auch. Legen Sie sie nicht im prallen Sonnenschein in die Kamera ein und
packen Sie während des Einspulens in die Entwicklungsspirale nicht auf
die Schicht. Ansonsten gilt praktisch alles, was ich bereits unter swmag_wollstein_11.htm
beschrieben habe.
Natürlich müssen Sie bei der Aufnahme wie auch bei der Vergrößerung
sehr sorgfältig arbeiten, wenn Sie das Potenzial der Filme ausschöpfen
wollen. Achten Sie also auf
• präzise Scharfstellung (s. auch swmag_wollstein_07.htm),
•
verwacklungsfreie Aufnahme (s. auch swmag_wollstein_21.htm),
•
korrekte Ausrichtung Ihres Vergrößerers (s. auch swmag_wollstein_17.htm),
aber das sind alles Dinge, die zur „guten Handwerkspraxis“ gehören.
Wenn Sie in Grenzbereiche vorstoßen, werden immer kleinere Effekte fühlbar,
und nur wenn Sie alle Parameter optimieren, wird das Resultat wirklich
optimal sein.
Die beiden Entwickler SPUR Nanospeed und SPUR Imagespeed kommen in 50-ml-Fläschchen
daher und sind auch nach Teilentnahme (Sie brauchen 25 ml für einen Film.)
recht haltbar. Trotzdem empfiehlt sich der nachgerade genial einfache Tipp von
Herrn Schain, nach der Entnahme der ersten 25 ml des Konzentrats aus der Flasche
diese mit Wasser aufzufüllen. Damit ist kaum noch Sauerstoff in der Flasche,
der den Entwickler oxidieren kann, und man kann beim nächsten Ansatz ganz
einfach den gesamten Flascheninhalt in eine Mensur kippen und auf 250 ml auffüllen,
um seinen Entwickler fertig zu haben.
Die Fixage ...
... verdient es aber doch noch, kurz extra erwähnt zu werden: Die beiden
Filme haben Emulsionen mit extrem geringen Silbergehalt. Dadurch fixieren Sie
in modernen Hochleistungsfixierbädern blitzartig aus. Klärzeiten von
15s (Dies entspricht einer Fixierzeit von 30 bis 45s.) sind normal. Wenn Sie
dann (Stichwort: „Mach‘ ich immer so!“) stur nach Beipackzettel
des Fixierbades 3 Minuten fixieren, kann es schon dazu kommen, dass von den
chemisch angreifbaren (s.o.) feinen Körnchen ein paar weggefressen werden.
Bestimmen Sie also bei Mikrofilmen auf jeden Fall die Klärzeit und fixieren
Sie für etwa die doppelte bis dreifache Zeit, aber nicht länger.
Mikrofilme und Filmscanner
Die immer beliebter werdenden Filmscanner für Privatanwender sind für
Farbfilme optimiert. Bei Farbfilmen besteht aber das Bild aus diffusen Farbstoffwölkchen.
Bei Silberhalogenid-Negativen besteht es dagegen aus „Körnern“
mit wesentlich schärferen Grenzen. Damit haben Filmscanner so ihre Probleme,
die dazu führen, dass das Filmkorn in Ausdrucken von Scans störender
hervortritt als bei gleich großen nasschemisch erzeugten Vergrößerungen.
Dieses Problem ist bei so feinkörnigen Filmen keines mehr.
Ein zusätzlicher Bonus ist die glasklare, nicht eingefärbte Unterlage
der beiden Mikrofilme. Mikrofilmnegative lassen sich daher ganz hervorragend
scannen und weiterverarbeiten.
Es bleibt allerdings – leider – dabei, dass Staub- und Kratzerkorrekturfunktionen
auf Basis von IR-Scans, wie z. B. ICE3 bei Nikons Coolscan-Modellen
und gleichwertige Funktionen, die von Canon, Epson und anderen Herstellern angeboten
werden, nicht funktionieren. Das liegt daran, dass diese Funktionen
nur funktionieren können, wenn das Bild selber, anders als der Staub, im
Infraroten transparent ist, und das sind organische Farbstoffe, aber Silber
ist es nicht.
Nach so vielen Ähnlichkeiten: die Unterschiede
Nicht nur mich selbst, sondern auch Herrn Schain habe ich schon bei der ersten
Ankündigung seines neuen Verfahrens gefragt, worin eigentlich die Unterschiede
zwischen Agfa Copex Rapid und Kodak Imagelink HQ bestehen. Zunächst sah
es für mich fast so aus, als wolle Herr Schain sich selbst Konkurrenz machen.
Aber es gibt Unterschiede:
Agfa Copex Rapid entwickelt in SPUR
Nanospeed
... ist von den beiden Filmen eindeutig der gutmütigere. Sie können
ihn guten Gewissens „im Zweifel etwas reichlicher“ belichten, ohne
deswegen gleich kugelsichere Lichter und schwer vergrößerbare Negative
zu erzeugen. Er ist auch rund 1/2 bis 2/3 Blende empfindlicher als Kodak Imagelink
HQ. Die Empfindlichkeit des Agfa Copex Rapid beträgt rund ISO 40/17°.
Die Auflösung ist dafür etwas geringer als beim Kodak Imagelink HQ,
das Korn ist deutlich ausgeprägter (s.o.).
Kodak Imagelink HQ entwickelt in SPUR Imagespeed
... vermittelt einen erheblich besseren Schärfeeindruck. Ich führe
das auf den gegenüber dem Agfa Copex Rapid größeren Detailkontrast
zurück. Die Auflösung ist, wie oben schon erwähnt, geringfügig
höher als beim Agfa Copex Rapid. Geschlossene Flächen einheitlicher
Helligkeit kommen bei beiden Filmen bei den gängigen Vergrößerungsmaßstäben
(25fach ist wohl nicht mehr „gängig“.) ziemlich kornarm, beim
Kodak Imagelink HQ mit einer Nasenlänge Vorsprung.
Den Agfa Copex Rapid habe ich als „gutmütig“ bezeichnet. Der
Kodak Imagelink HQ verhält sich hinsichtlich Belichtungsspielraum eigentlich
so, wie man es von „normalen“ Filmen her gewohnt ist. Er reagiert
also auf Überbelichtung und Überentwicklung wie die meisten anderen
SW-Negativfilme auch: Er liefert harte, vielleicht manchmal etwas schwerer vergrößerbare
Negative. Um das beim Agfa Copex Rapid zu erreichen, muss man sich schon anstrengen.
Die Sensibilisierungskurve des Kodak Imagelink HQ erstreckt sich nicht so weit
in den roten Bereich wie die eines üblichen panchromatischen Films. Im
Prinzip handelt es sich daher bei diesem Film auch um einen orthopanchromatischen
Film. Die Effekte der geringeren Rotempfindlichkeit habe ich detailliert in
meinem Beitrag zu Fuji Neopan 100 Acros und MACO PO 100c (http://www.schwarzweiss-magazin.de/swmag_wollstein_28.htm)
beschrieben. Eine der von mir genannten Anwendungen waren simulierte „Antik“-Fotos.
Die frühen Materialien hatten eine im Trend eher „blaulastige“
Sensibilisierung, die Ihnen eine bestimmte Wirkung verleiht. Gleiches gilt eingeschränkt
auch für den Kodak Imagelink HQ. In Photo.net (http://www.photo.net/bboard/q-and-a-fetch-msg?msg_id=004yLt
und http://www.photo.net/photodb/folder?folder_id=299866) zeigt Herr Schweigl
sehr gelungene Ergebnisse derartiger Experimente. Hier wird die Wirkung noch
dadurch unterstützt, dass ein sehr lichtstarkes Objektiv (Noctilux) bei
voller Öffnung verwendet wurde. Der resultierende Schärfeabfall von
der Bildmitte nach außen (der selbst bei einem solch tollen Objektiv auftritt)
sowie die geringe Schärfentiefe unterstützen die Bildwirkung noch.
Wann lohnt sich ein hochauflösender Film?
Aus der Fragestellung geht schon hervor, dass Mikrofilme nicht immer automatisch
die „besseren“ Bilder ergeben.
Wenn Sie ein Motiv groß ins Bild setzen und das endgültige Bild nicht
sehr stark vergrößern, wird von der theoretisch vorhandenen Auflösung
des Materials möglicherweise nicht viel genutzt. Erstens sind bei dem schon
im Negativ groß abgebildeten Motiv auch die feinen Details noch recht
groß, und zweitens werden Dinge, die der Film noch aufgelöst hat,
so klein wiedergegeben, dass das Auge sie im Bild nicht auflösen kann.
Hier lohnt der Mikrofilm nicht, im Gegenteil: Aufgrund seiner schlechteren Konturenschärfe
kann der Bildeindruck insgesamt weniger scharf ausfallen. Ein Beispiel könnte
eine formatfüllende Porträtaufnahme sein, die nur mäßig
vergrößert wird. (Vielleicht 18 ´ 24 cm, eine genaue Grenze
lässt sich nicht angeben.)
Wenn Sie auf der anderen Seite eine gotische Kathedrale mit dem 28er Weitwinkel
in Gänze abbilden und davon ein Poster im Format 40 ´ 60 cm erzeugen,
hat der Mikrofilm eindeutig die Nase vorn. Hier würde der konventionelle
Film Details nicht mehr auflösen, die der Mikrofilm (Gute Aufnahmetechnik
immer vorausgesetzt!) noch darstellt.
Auf den Punkt gebracht:
Motiv
im Negativ groß, Motiv
im Negativ klein |
Wenn
Sie hochauflösenden Film verwenden möchten/müssen ...
Welcher hochauflösende Film ist der richtige für
Sie?
Der Agfa Copex Rapid ist der Film der Wahl für die Miniaturkamera- und
Minox-Gemeinde, bei deren winzigen Negativen es wegen der nötigen großen
Vergrößerungsmaßstäbe auf jede mögliche Qualitätsreserve
ankommt. Auf der anderen Seite gestatten die Miniaturkameras oft keine so präzise
Belichtungsmessung, so dass man auf etwas Spielraum angewiesen ist.
Auch in anderen Situationen, wo es auf Belichtungsspielraum ankommt, also extrem
kontrastreiches Licht, würde ich persönlich dem Agfa Copex Rapid den
Vorzug geben.
Auch wer ob der neuen Technik Berührungsängste hat, möge zunächst
den Agfa Copex Rapid ausprobieren. Die Verarbeitung ist aus meiner Sicht ziemlich
tolerant, fast narrensicher.
Der Kodak Imagelink HQ auf der anderen Seite ist der Film der Wahl für
all die Fälle, wo die Lichtsituation normalen oder gar niedrigen Kontast
aufweist (Entwicklungen bis N+3 sollen möglich sein, hab’s aber noch
nicht probiert.) und es auf kornarme bis kornlose, hoch aufgelöste Bilder
ankommt.
Fazit
Großformatqualität vom KB-Negativ werden Sie auch mit Mikrofilmen
nicht erzeugen, denn bei Großformataufnahmen können Sie bei gleicher
Detailgröße im fertigen Bild einen Bereich von Ortsfrequenzen im
Negativ nutzen, wo auch konventionelle Filme noch prima mit der Auflösung
mithalten können, aber von der Konturenschärfe her besser aussehen
als der vom KB viel stärker vergrößerte Mikrofilm. Aber die
beschriebenen Filme werden Sie bei richtiger Handhabung in Lage versetzen, vom
KB-Negativ Bilder mit bis dato unerreichbarer Qualität zu erzeugen, wie
Sie mancher Großformat-Fotograf vielleicht aufgrund seiner nicht ganz
so stringenten Arbeitsweise nicht zu erzeugen vermag.
Literaturhinweise
[1] Ctein, Post Exposure - Advanced Techniques for the Photographic Printer,
Focal Press 1997, ISBN 0-240-80229-3 (Dieses Buch ist vor einiger Zeit in etwas
veränderter Form neu erschienen.)
[2] KODAK
PROFESSIONAL T-MAX Films: Tech Pub F-4016
http://www.kodak.com/global/en/professional/support/techPubs/f4016/f4016.jhtml
(Link geprüft 2003-07-30)
[3] H. Schain, Die spezielle Problematik der Verwendung von Mikrofilmen in der
bildmäßigen Fotografie (Fachaufsatz, erhalten von H. Schain, 23.
Juni 2003).
[4] Datenblatt Fuji Neopan 100 ACROS:
http://www.fujifilm.de/prod/filme/katalog/AcrosAF3-095E_14-04-2003.pdf (Link
geprüft 2003-07-30)