Wie bitte? Wie viel soll das kosten?
Printpreise
Wieder vorneweg: Nachträge zu den "Tipps
und Tricks"
Ich freue mich, dass doch der eine oder andere Leser sich die Zeit genommen
hat, Kontakt mit mir aufzunehmen und mir auch seine Tipps mitzuteilen, auf
dass mehr Leute von guten Ideen profitieren können. Daher auch in dieser
Kolumne wieder ein paar Nachträge und meine Bitte, nicht damit hinter
dem Berg zu halten, wenn Sie gute Ideen haben, die vielleicht auch anderen
helfen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich alles veröffentliche,
was kommt, aber ich bin guten Willens.
Zum Stichwort "Sauberes Negativ" schrieb mir Herr Oliver Ulrich:
Thema: Wie bekomme ich ein sauberes Negativ/eine saubere Bildbühne?
Antwort: Mit dem "Kamelhaarpinsel Delta 1"!
Das Ding ist zwar teuer, aber bei mir funktionierts!
Link: http://www.fotoimpex.de/Aufnahme/Reinigung-Aufbewahrung/reinigung-aufbewahrung.html
Ich muss gestehen, dass meine eigenen Erfahrungen mit Pinseln aller Art nicht
besonders positiv waren, da die meisten Pinsel im Laufe der Zeit Schmier ansammelten,
der Spuren auf dem Negativ hinterließ. Auch dem kann man natürlich
durch regelmäßige Reinigung mit einem Lösungsmittel entgegenwirken.
Den positiven Erfahrungsbericht wollte ich Ihnen jedoch nicht vorenthalten.
Merkwürdiger Zufall: Noch ein Herr Ulrich, diesmal Olaf Ulrich, schrieb
zum Thema "Duka lichtdicht machen":
Ein billiges und in (fast) jedem
Haushalt vorhandenes, absolut lichtdichtes Material ist Haushalts-Aluminiumfolie.
Um ein Fenster abzudichten, bastele
man sich aus Zeitungspapier und Klebefilm einen papiernen Träger in passender
Größe (am besten mehrlagig für bessere Festigkeit) und kaschiere
diesen dann mit einer Lage Aluminiumfolie. Einfacher, lichtdichter und billiger
geht's nicht.
Statt Zeitungspapier kann man natürlich auch einen großen Pappkarton
o. dgl. nehmen...
Auch dazu noch etwas von mir: Eine flexible Verdunklung aus Alu-Folie dürfte
nicht praktikabel sein, da die Folie zu schnell brechen würde. Aber eine
entfernbare Verdunklung mit folienkaschierten Pappen klingt gut.
Aber es gibt noch weitere Materialien, die man nicht aus dem Auge verlieren
sollte:
Herr Ulrich hat mich an meine Diplom-Arbeit in der Festkörperspektroskopie
erinnert. Mein dortiges Labor, vollgestopft mit Gerätschaften, die auf
Temperaturschwankungen mit Dejustierung reagierten, hatte riesige Fensterflächen
und lag – natürlich – nach Süden. Da wir ohnedies immer
im Dunkeln messen mussten und die Wärme auch nicht gebrauchen konnten,
haben wir damals kurzerhand alle Fenster mit selbstklebender Alu-Folie verklebt.
Einfacher als von Herrn Ulrich beschrieben, geht also vielleicht, aber das
Zeug war natürlich recht teuer, aber es war ja eine dauerhafte Angelegenheit.
Eine preiswertere, begrenzt flexible Verdunklung kann man sich aus den im Baumarkt
erhältlichen Rollen Alu-kaschierten Hartschaums basteln. Dieses Material
ist als Wärmedämmstoff und Strahlungsreflektor hinter Heizkörpern
gedacht. Es ist nicht besonders teuer und erspart es einem, sich selber damit
herumärgern zu müssen, dünne, je nach Marke extrem reißfreudige
Folie auf einen Träger kleben zu müssen.
Zu guter Letzt Herr Stefan Schmitz:
Ich gehöre noch zu den Menschen, die Ihre Abzüge (meist PE) auf der
Leine trocknen. Da die Leine in der Dunkelkammer hängt, stoße ich
manchmal dagegen. So ist es schon mal passiert, dass der ein oder andere Abzug "zu
Boden ging" und natürlich danach unbrauchbar war.
Jetzt bin ich durch Zufall auf eine Lösung gestoßen (das ist jetzt
ernst gemeint!): Kleiderbügel für Hosen. Ich meine die, wo an einer
waagerechten Stange zwei verschiebbare, gummierte Klammern befestigt sind.
Die halten echt bombenfest, und weil sie verschiebbar sind, passen sie auf
viele Formate, und man kann sie so schieben, dass immer eine Ecke des Abzugs
zum Abtropfen tiefer hängt. Das beste aber ist, dass die Dinger ja nichts
kosten. Einfach im Laden fragen!
Ob das Gummi das Papier "angreift" weiß ich natürlich
nicht, aber da ich fast ausschließlich mit Rand vergrößere,
dürfte das nicht das Problem sein.
Die Druckstellen sieht man tatsächlich nach dem Trocknen. Aber gerade
PE-Papier sollte man sowieso mit Rand vergrößern und hinterher zuschneiden,
denn in die Schneidkanten dringt immer Chemie ein, die auch nach längerem
Wässern nicht wieder heraus bekommt, denn PE-Papier wird Dank der PE-Laminierung
nicht gut vom Wasser durchdrungen. (Und wirklich langes Wässern ist für
PE-Papier nicht gut; es kann sich die Laminierung lösen.) Irgendwann fangen
die eindiffundierten Substanzen dann an zu oxidieren und sich zu verfärben.
Bei Baryt ist das kein Problem, da es keine Sperrschichten hat und folglich
vollkommen durchweicht, aber auch wieder vollkommen durchwässert wird.
Ich selber verwende zum Trocknen von PE-Bildern Wäscheklammern, die ich
mit einem Haken aus Blumendraht versehen habe. (Einfach einen hinreichend langen,
dünnen Blumendraht durch die Feder schieben und S-förmig verbiegen.)
Mit dem Haken hänge ich das Bild dann an eine Leine o.ä. Für
alles außer großen Formaten reicht eine Klammer, und die Bilder
hängen, an nur einer Ecke aufgehängt, immer schräg. Nehmen Sie
Holz-Wäscheklammern, denn die Plastikdinger halten a) wegen des glatten,
zahnlosen Mauls und b) weil sie oft nicht richtig schließen, nicht so
sicher. Bei großen Bildern, ab 30 x 40 cm, empfehlen sich zwei
Klammern, damit nicht durch das Gewicht des Bildes ein Knick oder gar Abriss
auftritt. Wenn das Bild dann nicht schräg hängt, ist das auch kein
Problem, denn sollten sich Trockenränder bilden, liegen die auch im Randbereich,
und der wird wie erwähnt abgeschnitten.
Baryt auf der Leine zu trocknen halte ich für keine gute Idee. Dadurch,
dass das Papier unter ungleichmäßiger Spannung trocknet, verzieht
es sich mitunter so unangenehm, dass es fast nicht mehr glatt zu bekommen ist.
Bei Baryt empfehle ich Ihnen die Vortrocknung (vor Retusche usw.) liegend auf
einem Tuch und die endgültige Trocknung aufgespannt. Dazu vielleicht später
mehr. Vielleicht kann ich ja einen alten Meister überreden, für diese
Kolumne darzustellen, wie er seine großen Baryt-Prints glatt kriegt.
Aber jetzt zum Thema dieses Monats:
Zu Anfang: eine biographische Geschichte
Vor einigen Jahren bestritt die Ballettschule, in der meine Tochter regelmäßig übt,
eine Aufführung im Rahmen des Düsseldorfer Altstadtherbstes. Als
liebender Papa wollte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen, und
als SW-Fotograf reizte mich das Thema zudem. Also schoss ich während der
Vorstellung eine Menge Bilder. Andere Eltern, die das mitbekommen hatten, baten
mich, die Fotos doch herumzuzeigen und wollten hernach natürlich Abzüge.
(„Hach, das sind aber tolle Bilder!“ Und: „Ich finde für
Ballett Schwarzweiß sowieso schöner als bunt.“) So weit so
gut. Ich setzte also einen Preis fest, von dem ich dachte, dass er hinreichend
hoch sei, um die Anzahl der Nachbestellungen nicht zu groß werden zu
lassen. Schließlich musste ich alles in Handarbeit erledigen. Jeder Abzug
war ein Handabzug, der teilweise erheblichen Aufwand an Nachbelichtung und
Abhalterei erforderte. Bühnenlicht ist schließlich nicht das einfachste.
Von Retusche wollen wir mal gar nicht reden.
Sie ahnen, was passierte? Trotz des Preises bestellten die Eltern wie wild.
120 Kinder hatten an der Aufführung teilgenommen, und so musste ich eine
Menge Abzüge in „Fließbandarbeit“ erstellen. Es kam
mir zugute, dass ich alle Abzüge auf demselben Papier angefertigt hatte
und immer detailliert notiert hatte wo mit welcher Gradation und wie lange
nachzubelichten war. Dennoch war das Ganze eine ganz und gar unerquickliche
Erfahrung. Tage (oder, da ich einen normalen Bürojob habe und die Duka
nur Hobby ist, eher Nächte) in der Duka nur mit Sklavenarbeit! Der Preis
für einen Abzug war ganz offensichtlich zu gering gewählt, denn trotz
der unerwartet hohen Einnahmen konnte ich das Ganze doch nicht als ausreichende
Entschädigung für die öde Schufterei in der Duka empfinden.
War eben keine wirkliche Vollkostenrechnung, denn in die wäre neben dem
Material auch die Zeit mit eingeflossen.
Bei derselben Aufführung war noch jemand mit Kamera zugegen. Die Dame
(Unterstellen Sie mir bitte keinen Chauvinismus; ich kann nichts dafür,
dass es eine Dame war!), deren Namen ein Fotogeschäft in teurer Lage in
unserer Stadt ziert, hat in irgendeinem fotografischen Beruf eine Lehre absolviert,
aber die Fotos, in Farbe und mit einem vollautomatischen Knipskasten mit eingebautem
Blitz nach Maschinengewehrart aufgenommen und im 1-Stunden-Labor vergrößert,
waren aus meiner Sicht technisch und ästhetisch von so erbärmlicher
Qualität, dass ich sie niemandem gezeigt hätte. Dennoch kauften die
Eltern auch diese Bilder wie wild. Die Kriterien sind eben bei liebenden Eltern
andere als bei Fotografen. Und was die Diskussion um irgendwelche Berufsbezeichnungen
betrifft... Lassen wir das lieber!
Die Schlussfolgerung der ganzen Geschichte ist für mich die: Wenn man
als Einzelkämpfer irgendwo fotografiert und die Gefahr besteht, dass eine
größere Zahl von händisch zu fertigenden Abzügen nötig
wird, sollte man sich gut überlegen, ob man das leisten kann und will.
In aller Regel lohnt es den Aufwand nicht, wenn man „zivile“ Preise
für seine Fotos nehmen will.
Nur zur Sicherheit: Ich wäre nicht so vermessen, meine Prints von der
damaligen Vorstellung als Master Prints zu bezeichnen. Aber dennoch zurück
zur eingangs gestellten Frage: Wie teuer kann denn so ein Master Print werden?
Was ist denn überhaupt
ein Master Print?
Ich will mich mal an einer Definition versuchen:
Ein Master Print ist ein qualitativ hochwertig verarbeitetes Foto.
Jeder Satz mehr bringt mehr Probleme. Schon diese Definition selbst enthält
deren eine Vielzahl. Es ist viel leichter, nach Art eines Zen-Mönchs zu
definieren, was man nicht meint, als zu präzisieren, was man meint. „Qualitativ
hochwertig verarbeitet“
(1) heißt für mich nicht zwingend, dass es ein Barytprint sein muss,
oder
(2) dass es ein analoger Print sein muss.
(3) Gute Aufnahmequalität (Schärfe, richtige Belichtung usw.) kann
man auch nicht zum übergeordneten Kriterium machen,
(4) mit inhaltlicher Ästhetik hat sie rein gar nichts zu tun.
Zu (1): Die Geschworenen sind sich nach wie vor noch nicht einig, ob Barytprints
nun stabiler sind als PE-Prints oder doch nicht. Barytprints können nachweislich
100 Jahre alt werden, das zeigen genug existierende alte Fotos. PE-Papier hat
es vor 100 Jahren noch nicht gegeben.
Tatsache ist aber auch, dass Verarbeitung von Barytpapier bietet mehr Spielraum
für Fehler bietet als die von PE-Papier. Die frühen PE-Papiere zerfielen
durch Versprödung der PE-Versiegelung, durch Gilb, der dadurch zu Stande
kam, dass in die Emulsion eingelagerte Entwickleragenzien durch die Versiegelung
hindurch in den Träger diffundierten und dort oxidiert wurden u.a.m. Die
modernen PE-Papiere sind nach den übereinstimmenden Aussagen der Hersteller
mindestens ebenso archivtauglich wie Barytpapiere. Diese Aussage basiert auf
Erfahrungen und auf so genannten Schnellalterungstests. Solche Tests haben
aber immer eine Kinke: Wenn die zu Grunde liegenden Annahmen über den
Alterungsmechanismus nicht zutreffen, sind die Resultate nicht aussagekräftig.
Das heißt im Klartext: Wenn die Chemiker einen möglichen chemischen
Mechanismus der Papieralterung nicht gesehen haben, der vom Test nicht berührt
wird, kann es sein, dass das Papier trotz toller Resultate beim Schnellalterungstest
in 20 Jahren zerkrümelt.
Schweifen wir kurz ab, um ein Beispiel zu geben: Als einen schädigenden
Einfluss auf die Tinten von Tintenstrahldruckern hat man z.B. Licht ausgemacht.
Da nun ein Konzern wie Epson nicht einfach ein Bild in einem gut beleuchteten
Raum an die Wand hängen 100 Jahre warten kann, bevor er einen Tinte auf
den Markt bringt, der er eine Lichtbeständigkeit von 100 Jahre attestiert,
verfährt man in aller Regel nach dem Motto „Viel hilft viel“ und
setzt Probeprints extrem hellem Licht aus. Grob vereinfacht geht man dann davon
z.B. aus, dass der Print bei „normalem“ Licht 100 Jahre hält,
wenn er bei 100mal so hellem Licht ein Jahr hält. Wenn jetzt aber der
Zerfallsprozess z.B. durch eine Umweltchemikalie (z.B. aus Autoabgasen) stark
beschleunigt wird und man beim Schnellalterungstest nicht auch diese Chemikalie
in entsprechender Menge vorgesehen hat, ist der Test so gut wie wertlos. Ebenfalls
unberücksichtigt würde in unserem einfachen Test ein Zerfall des
Papiers selbst durch Feuchte oder andere Faktoren bleiben.
Aber ob Beständigkeit überhaupt ein Kriterium für ein Kunstwerk
ist, mag spätestens seit der Fettecke von Beuys dahingestellt sein. Ich
persönlich würde sie bei einem Foto, dessen Wert zum Teil dokumentarischer
Natur ist, auf jeden Fall fordern.
Die fotografische Qualität der PE-Papiere ist ebenfalls inzwischen mindestens so gut wie die von Barytpapier. Spätestens aber dann, wenn das Bild unter
Glas steckt, kann Ihnen kein Experte mit mehr als 50%iger Wahrscheinlichkeit
sagen, ob es auf PE- oder Barytmaterial vergrößert ist. (50% ist
die Trefferwahrscheinlichkeit, die Sie haben, wenn Sie zwischen zwei Möglichkeiten
blind wählen.)
Zu (2): Nachdem die ersten Computerausdrucke nicht nur qualitativ minderwertig
waren (Schließlich waren Farbdrucker zunächst nur für farbige
Charts, Folien und ähnlich kurzlebiges Bürozeugs gedacht.), sondern
auch nur kurze Zeit ansehnlich blieben, hat sich viel getan. Ausdrucke können
inzwischen nicht nur Dichtewerte erreichen, die mit denen von Fotopapier vergleichbar
sind, die Tonwertwiedergabe genügt heute auch hohen bis höchsten
Ansprüchen, und Digitalausdrucke können – entsprechende Paarung
von Papier und Tinte angenommen – auch von gleicher oder sogar besserer
Langlebigkeit sein als nasschemisch erzeugte. Auf jeden Fall kann hier der
Fotograf kaum etwas falsch machen, das die Langlebigkeit seines Prints in Gefahr
bringen könnte. (Ausnahmen sind höchstens Fixativsprays, die vor
UV-Licht schützen sollen. Manche dieser Sprays schützen zwar vor
UV-Licht, reagieren aber selber mit den Farbstoffen der Tinten und versauen
so das Bild.)
Zu (3): Je nach Bildinhalt (z.B. Reportage mit Live-Charakter) kann Fehlbelichtung
oder auch mangelnde Schärfe oder auch fast jeder andere technische Fehler
zu einer Steigerung der Bildaussage führen, so dass man sie nur eingeschränkt
als Kriterium verwenden kann.
Zu (4): De gustibus non est disputandum – über Geschmack lässt
sich nicht streiten. Vieles, was schlauere Leute als ich als meisterhaftes
Foto ansehen, ist aus meiner – zugegeben intoleranten und stückweise
zynischen – Sicht nicht das Papier wert, auf dem es vergrößert
wurde. Manches möchte ich nicht sehen, aber ich kann mich ihm nicht entziehen.
Hier öffnet sich daher ein weites (Minen-)Feld, das ich nicht betreten
möchte.
Wodurch wird denn nun ein Foto zum „qualitativ hochwertig verarbeiteten“ Master
Print? Natürlich kann jeder „Fehler“ auch ein Stilmittel sein,
da Kunst gerade davon lebt, Regeln zu brechen. Diesen Vorbehalt mögen
Sie im Kopf behalten. Aber aus meiner Sicht sollte ein Master Print eine hohe
handwerkliche Qualität aufweisen. D.h. dass das Bild liebevoll verarbeitet
sein sollte. Bildfehler wie Staub, Kratzer usw., schludrige Verarbeitung, die
die Beständigkeit gefährdet, nicht anständig getrocknete, wellige
Bilder usw., all dass sind Aspekte, die ich bei einem Master Print nicht dulden
würde. Das stellt aber gerade mal einen Mindeststandard dar.
Muss die Herstellung eines Master Prints aufwendig sein und Dutzende von Nachbelichtungen
und Retuschen involvieren? Muss sie nicht! Man kann durchaus auch Negative
erzeugen, die schon als „straight prints“ nicht mehr verbesserungsfähig
sind. Das kann nicht nur ein Meister unseres Fachs, sondern auch ein Amateur
mit Glück. Was aber den Glückstreffer vom Meisterbild unterscheidet,
ist der Aspekt der Konsistenz. Ein Meister erzeugt nicht ausschließlich,
aber immer wieder Meisterbilder, während Glückstreffer meist Einzelereignisse
sind und bleiben. Demnach wäre nach meiner Definition ein absolut tolles
Glückstreffer-Bild, wie gut es auch aussehen mag, kein Master Print! Ich
halte das aber nicht für einen Fehler der Definition, denn mit einem Glückstreffer
wird man nicht zum Meister. Die Bezeichnung „Meister“ beinhaltet
nach meinem Empfinden auch den Aspekt der Kontinuität in der Beherrschung
der Elemente des Handwerks.
Eine schwierige Rolle bei der Frage, ob etwas ein Master Print ist oder nicht,
spielt die Auflagenhöhe. Nach meinem Verständnis kann ein Massenprodukt
kein Master Print sein. Das würde dafür sprechen, jegliches digitale
Produkt, da es ja im Grundsatz in unbegrenzter Auflage reproduzierbar ist,
gleich auszuschließen. Aber auch die digitale Erzeugung eines Bildes
kann erheblichen Aufwand beinhalten und Zeugnis über Meisterhaftigkeit
ablegen. An dieser Stelle scheint es mir unmöglich, eine scharfe Grenze
zu ziehen. Ich denke, das wird der Markt selber regeln. Schließlich stand
man z.B. bei Radierungen einmal vor demselben Problem. Ein Kunstwerk wird,
ganz im Einklang mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, um so teurer, je
geringer seine Auflage, und so gab es durchaus Fälle, wo die Druckplatten
nach Anfertigung einer limitierten Auflage eines Drucks zerstört wurden.
Ein digitales Analogon bestünde darin, nach Ausdruck einer bestimmten
Anzahl von (möglichst benummerten und signierten) Kopien die Datei nebst
allen gesicherten Versionen zu löschen.
Nachdem wir nun, wenn auch noch mit gewissen Unsicherheiten geklärt haben,
was ein Master Print ist, gleich die nächste Frage:
Was ist ein Vintage Print?
„Vintage“ kommt m.W. aus dem Weinbau und bedeutet „Jahrgang“.
Die Definition des Vintage Prints liegt also nahe:
Ein Vintage Print ist ein Print, der in
zeitlicher Nähe zur Aufnahme erzeugt
wurde.
Was hat der Jahrgang mit einem Foto zu tun? Vintage Prints berühmter Fotografen
werden wie Jahrgangssekte i.d.R. zu höheren Preisen gehandelt als spätere
Abzüge. Das ist so, weil man in der Tatsache der zeitlichen Nähe
ein Indiz dafür sieht, dass der Vintage Print eine größere
Ursprünglichkeit aufweist als ein vom selben Negativ später erzeugter
Print. Eine scharfe Grenze für die zeitliche Nähe gibt es m.W. nicht.
Da es üblich ist, auf dem Bild aus Gründen des Urheberrechtsschutzes
die Jahreszahl der Herstellung zu vermerken, kann man in erster Nähe davon
ausgehen, dass ein Vintage Print im selben Jahr vergrößert wurde,
in dem das Negativ aufgenommen wurde.
Vintage Prints sind nicht unbedingt die technisch besten Prints von einem gegebenen
Negativ. Da sich innerhalb der letzten Jahrzehnte die Vergrößerungsoptiken
und in noch viel höherem Maß die Papiere verbessert haben, könnte
ein Fotograf wie Ansel Adams, wenn er bestimmte Negative heute noch einmal
vergrößern würde, sicher technisch bessere Prints erzeugen,
aber diese hätten ihre Ursprünglichkeit, den direkten Bezug zur Aufnahmesituation,
zur Persönlichkeit, zum Können und zum Stil des Fotografen zur Zeit
der Aufnahme, verloren.
Es bleibt aber dabei, dass bei Foto-Auktionen Vintage Prints in aller Regel
teurer sind als spätere Abzüge oder gar undatierte. Wenn Sie gedenken,
einmal berühmt zu werden, denken Sie (auch im Sinne Ihrer Erben) also
jetzt schon daran, in dokumentenechter Tinte Daten auf Ihren Prints zu vermerken
und diese zu signieren.
Wie hoch sind denn nun die
Preise für Fotos?
Eine Orientierung liefern Auktionskataloge wie der von Dietrich Schneider-Henn
in München. Der, den ich vor kurzem in den Fingern hatte, lieferte einen
breiten Querschnitt von anonymen Fotos von Anno Dazumal bis hin zu eigenhändigen
Prints bekannter Größen wie Araki, Feininger, Steinert, Vogel, um
nur ein paar zu nennen (in alphabetischer Reihenfolge, keine Wertung beabsichtigt).
Während die anonymen Prints mit Startpreisen ab 100 bis 200 Euro gelistet
waren (teils einfach deswegen, weil sie alt sind und damit „Geschichte“ darstellen),
waren die Preise für die Prints der „Großen“ durchweg
vierstellig. Die Spitze hielt ein Steinert-Print mit einem Startpreis von EUR
9.000.
Davon können die meisten von uns beim Verkauf eines Bildes nur träumen.
Gängigere Preise für hochwertige Vergrößerungen liegen
wahrscheinlich im Bereich von EUR 20 bis 40 für eine 18 x 24-Vergrößerung
PE-Papier bis hin zu EUR 200 bis 400 für eine solche im Format 40 x 50
cm auf Baryt, um einmal die Enden der Skala zu beleuchten.
Was sagen die Kunden dazu?
Das hängt von den Kunden ab. Otto Normalverbraucher besitzt selber eine
Knipskamera (analog oder digital – egal) und kennt die Plakate vom Drogeriemarkt
an der Ecke, auf denen „brillante Abzüge“ für 1 Cent
angeboten werden. Für das „schöne Foto“ von seiner Enkelin
im Kindergarten, für das Sie Stunden in unbequemer Haltung zwischen lärmenden
Kindern im Sandkasten verbracht haben und nach dem Sie hinterher ihre Kamera
wegen der Knirschgeräusche zur Reparatur bringen mussten, für dessen
Vergrößerung Sie schließlich einige Zeit in der Duka und hinterher
am Retuschepult verbracht haben (All das weiß er nicht!), wird er Ihnen
sicher ein paar Euro „Gewinn“ gönnen. Er wird also nicht meckern,
wenn der 18 x 24-Abzug (Oh, so groß!) 5 Euro oder 10 Euro kostet,
aber 20 bis 30? Er wird auch in den allermeisten Fällen nicht so sehr
auf die technische Ausarbeitung des Prints gucken, da er vom Inhaltlichen mehr
angetan ist. Das macht Sie als künstlerisch ambitionierten Fotografen
nicht glücklich, aber Sie sollten es berücksichtigen. Insbesondere
dann, wenn Sie Bilder ohne formelle Fotografiererlaubnis aufnehmen, kann es
wichtig werden. Streng genommen dürfen Sie nämlich Bilder von Menschen
nicht ohne deren Zustimmung (oder die Zustimmung der Erziehungsberechtigten
im Falle von Kindern) veröffentlichen. Und eine „Veröffentlichung“ ist
es im strengen juristischen Sinne auch, wenn Sie im Kindergarten eine Mappe
herumgehen lassen, nach der die Kinder oder Eltern die Fotos bestellen können.
Wenn sich jetzt jemand, der das Stichwort vom „Recht am eigenen Bild“ nur
einmal am Rande gehört hat, ärgert, weil scheinbar jemand an einem
Bild von seinem Kind richtig viel Geld verdient...
Wenn Sie also hinsichtlich der Preise in dieser Liga spielen wollen, tun Sie
gut daran, sich vorher der Zustimmung der Beteiligten zu versichern und diese
nötigenfalls auch durch die (dann aber auch einzulösende) Zusage
zu erkaufen, ihnen hinterher ein Bild zu schenken. (Es muss ja kein 50 x 60-Barytprint
sein.) Muss ich noch extra erwähnen, dass Sie auch tunlichst Sorge tragen
sollten, dass die Bilder nicht zu schnell irgendwelchen Umwelteinflüssen
zum Opfer fallen? (Ich erlaube mir an dieser Stelle einen Verweis auf meinen
Artikel zur archivfesten Behandlung von Prints, siehe swmag_wollstein_05.htm.)
Unzufriedene Kunden sind schließlich auf die eine oder andere Weise des
Freischaffenden Tod.
Tod – dieser etwas zynische Einschub sei gestattet – ist übrigens
auch ein Weg, seine Fotos teurer zu machen. Die meisten Kunstwerke werden erst
nach dem Ableben des Künstlers so richtig teuer. Pech, dass Sie dann nichts
mehr davon haben!
Sehen Sie auch davon ab, 2.-Wahl-Fotos zu verschenken oder zu reduzierten Preisen
zu verscherbeln. Wenn Sie den Sprung wagen, Ihre Fotos zu verkaufen, um Geld
zu verdienen, verkaufen Sie nur 1a-Qualität mit Brief und Siegel. Irgendwer
sieht sonst den verschenkten Ausschuss irgendwo an der Wand hängen und
findet womöglich auch noch heraus, dass das Bild von Ihnen ist. Was das
für Ihr Image bedeutet, sollte klar sein.
Wer auf der anderen Seite ein Bild als Kunstwerk ersteht und sich daher des
ideellen Wertes bewusst ist, wird höhere Preise eher schlucken, sich möglicherweise
sogar als Mäzen fühlen. Denn schließlich gehen die meisten
Leute doch unbewusst von dem alten Sprichwort aus „Wat nix kost’,
is auch nix!“
Schlusssatz
In Anspielung auf eine mir langsam, aber sicher, auch nicht immer, aber immer öfter
auf den Wecker fallende Serie einer Radiostation schließe ich meine Überlegungen
mit den Worten: „Und nun kennen Sie die wahre Geschichte.“ Ich
hoffe dabei, dass es Ihnen mit meinen Artikeln auf die Dauer nicht ebenso geht
wie mir mit besagter Serie: Vor vielen Jahren, als die Geschichten noch nicht
so oft gesendet wurden, waren sie oft witzig und interessant. Heute, da offenbar
jeden Tag ein paar davon ausgestrahlt werden, wirkt das Ganze etwas gezwungen.
Sollte sich Ihnen bei der Lektüre meiner Kolumne derselbe Eindruck aufdrängen,
so lassen Sie’s mich wissen, am besten gleich mit Nennung eines absolut
prickelnden Themas für eine noch zu schreibende Kolumne, die Sie interessieren
würde. Bedenken Sie dabei aber bitte, dass auch ich Amateur bin und diese
Kolumne unbezahlt schreibe. Mein Forschungsetat ist also begrenzt.