Wollsteins Fotopapier-FAQ - Teil 2


Hier ist er nun, der zweite Teil des FAQ, an dessen Erarbeitung Sie sich durch Ihre Fragen beteiligt haben. Ich hoffe, die Antworten auf die Fragen in Teil 1 haben Sie zufrieden gestellt.

Auch Teil 2 wird noch nicht alle Fragen beantworten. Er ist bereits so lang geworden, dass ich den Aspekt „Hochglanztrocknung“ zunächst noch ausgespart habe. Das hat neben der Länge des Ihnen hiermit vorliegenden zweiten Teils auch den Grund, dass die Ausführungen zum Hochglanztrocknen für sich schon recht umfangreich wären. Es kommt hinzu, dass ich mit dieser Technik selbst kaum Erfahrung habe, da ich nun einmal luftgetrockneten „Naturglanz“ oder sogar mattes Papier (je nach Motiv) bevorzuge. Ich merke das Thema aber vor für eine spätere Kolumne, die sich dann eben mehr auf Literaturrecherche abstützen wird. Frei nach dem Motto: „Ich weiß vieles nicht, aber ich weiß, wo es gut beschrieben steht.“

Um Sie ein wenig anzufüttern, sei hier ein kurzer Ausblick auf die nächsten Monate gegeben: Ich plane für Mai die Vorstellung von neu (eben im Mai, wenn ich dem Anbieter trauen darf) auf den europäischen Markt kommenden, sehr günstigen Filmen. Ich bin froh darüber, dass mir Franz Borgerding und Martin Jangowski ihre Unterstützung dabei zugesagt haben. Mit zwei so sachkundigen Mit-Kritikern wird, so denke ich, eine ausgewogene Meinung herauskommen.

Weitere Beiträge (wobei die Reihenfolge noch nicht sicher ist) plane ich zu den Themen „Vergrößerungsrahmen“, „neutrales Fixierbad“ und „Lufttrocknung von Baryt ohne Klebeband (und trotzdem plan)“.

Jetzt aber weiter mit dem FAQ!

Welches ist die optimale Trocknung für Barytpapier (Luft, Fließpapier, Trockenpresse)?

Stichworte:

• Trockenverfahren (physikalisch, chemisch)
• Geschmack
• Planlage
• Bildton
• Haltbarkeit
• Zeit


Diese Frage geht ein bisschen in die Richtung von „Was ist Ihr Leibgericht?“ Meine Tochter wird Ihnen gleich ein bekanntes italienisches Nudelgericht empfehlen, ich möglicherweise auch, wenn auch ein anderes, und meine Frau ein drittes. Antwort folglich: Das hängt (u.a.) davon ab, was Ihnen gefällt.

Unbefriedigende Antwort? Stimmt! Nähern wir uns der Frage mal von verschiedenen Standpunkten.

Ein Punkt ist sicher der Geschmack. Nicht jeder mag den Spiegelglanz von hochglanzgetrockneten Bildern. Ich mag z.B. (s.o.) luftgetrockneten „Natur“glanz lieber. Geschmack steht außerhalb jeder Diskussion.

Weiterer „geschmäcklerischer“ Aspekt ist der Bildton. Heißtrocknung kann den Bildton, insbesondere bei getonten Bildern, erheblich verändern. Bilder die heiß getrocknet und erst dann getont werden, reagieren - so schreibt es Tim Rudman in seinem „Master Printing Course“ - mitunter deutlich anders auf den Toner als solche, die nur bei Raumtemperatur luftgetrocknet werden. Auch da kommt es also drauf an, ob Sie das Ergebnis mögen oder nicht.

Im Hinblick auf Haltbarkeit ist aus meiner Sicht Lufttrocknung ohne Presse die beste Lösung. Warum? Wenn Sie sich das Tuch Ihrer Trockenpresse einmal mit einem nicht sauber verarbeiteten Bild kontaminiert haben, ist es schwer oder gar nicht wieder sauber zu bekommen. Da hilft auch heißes Waschen m.E. kaum. Denn Thiosulfat wandelt sich im Verlauf von einigen Stunden unter Lufteinfluss in eine unlösliche Verbindung um. Sie alle haben das sicher schon einmal an Fixierbadschalen gesehen: Die Flecken, die in diesen Schalen entstehen, wenn man sie nicht richtig ausspült, sind nur mechanisch wieder zu entfernen, aber auch noch so langes Spülen entfernt sie nicht. Als Randnotiz: Genau aus diesem Grund kann man auch Fotopapiere nicht heute halb wässern und morgen den Rest auswaschen. Der „Rest“ ist nämlich morgen absolut unlöslich. Eine glatte Platte kann man aber, sollte man tatsächlich so geschludert haben, dass sie kontaminiert ist, mit Scheuermilch und Armschmalz (s. Prof. McGonagall in J.K. Rowling, Harry Potter und die Kammer des Schreckens) wieder sauber bekommen.

Aspekt Zeit: Ungeheizte Lufttrocknung braucht etwas Zeit. Wenn Sie auf schnelle Verarbeitung angewiesen sind, ist eine daher Trockenpresse unumgänglich. Andererseits: Baryt und schnell, das sind m.E. zwei Begriffe, die nicht sofort zusammenpassen.

Es gibt natürlich auch noch chemische Schnelltrocknungsverfahren, die darauf beruhen, dass dem Bild das Wasser durch eine geeignete Chemikalie, z.B. bestimmte Alkohole, entzogen wird bzw. das Wasser im Bild durch Alkohol ersetzt wird. Der Wasserersatz verdunstet schneller als Wasser, und so ist das Bild schneller trocken. Das kann man mal als Notbehelf machen, aber als Routineverfahren lohnt es m.E. nicht, denn

es kostet einiges an Lösemittel,
Sie brauchen einen sehr gut belüfteten Ort, um das ganze verdunstete Lösemittel abzuführen (und die Mischung aus Alkoholdampf und Luft ist im besten Fall – Ethanol – benebelnd, im schlechtesten schlicht ungesund, kann aber durchaus auch zündfähig sein),
es ist nicht gerade umweltfreundlich, und
kann je nach Behandlung Spätfolgen haben.

Schließlich: Aspekt Planlage. Barytbilder, die Sie, wie es früher oft vorgeschlagen wurde und als Klischee immer wieder dargestellt wird, an einer Ecke aufgehängt auf der Leine getrocknet wurden, sind oft nicht mehr vernünftig glatt zu kriegen. Heiß trockengepresste Bilder liegen halbwegs plan. Aber auch luftgetrocknete Bilder kann man absolut plan bekommen, indem man sie aufspannt. Nutzen Sie dazu das Verfahren mit Klebeband, wie es auf der PHOTOTEC-Webseite beschrieben ist, aber besser nicht mit einer unbeschichteten Spanplatte, sondern mit einer resopal-beschichteten Platte als Basis.

Schöner noch geht es mit einer klebebandfreien Barytrockenvorrichtung, deren Selbstbau ich Ihnen in einem der nächsten Artikel vorstellen werde.

Ein anderes Verfahren beruht darauf, die Bilder in nicht mehr nassem, sondern vorgetrockneten, aber noch deutlich feuchtem Zustand zwischen Lagen von Fliespapier zu pressen, bis sie trocken sind und plan liegen. Ich habe dieses Verfahren vor Jahren ausprobiert, habe es jedoch wieder aufgegeben, weil gar zu oft Fusseln auf der Papieroberfläche kleben blieben.

Manche Papiere, besonders z.B. das sehr dicke Fortezo, sind sehr gutmütig. Man lässt sie einfach mit der Bildseite auf einem geeigneten Tuch liegend trocknen und presst sie in trockenem Zustand für ein paar Tage in Büchern oder zwischen Flieslagen, und schon liegen sie absolut glatt.

Nach meinen Erfahrungen hat man mit dickerem Papier in aller Regel weniger Probleme mit der Planlage.

Was ist bei der Trocknung zu beachten?

Stichworte:

Trocknung PE/Baryt
Heiß-/Kalttrocknung
Blooming
Geschmack
Glanz
Zeit
Verziehen


Die Trocknung von PE-Papier ist denkbar einfach: Hängen Sie die Bilder auf die Wäscheleine oder stellen Sie sie in ein Abtropfgestell für Teller o.ä. Nach ein paar Stunden sind sie absolut trocken. Ein Netzmittel kann helfen, ungleichmäßiges Trocknen mit Fleckenbildung zu vermeiden, aber auch bei dem in Düsseldorf nicht eben kalkarmen Wasser hatte ich ein solches bei Papierbildern noch nicht nötig. Nur legen sollten Sie die Bilder nicht, denn dann läuft das Oberflächenwasser nicht ab, sondern es bilden sich zwangsläufig – auch mit Netzmittel – kleine Seen, die langsam eintrocknen. Dadurch entstehen auch bei nicht sehr hartem Wasser Kalkflecken. Zum Thema „Netzmittel“ siehe aber auch Stichwort „Konservierung“.

Viele glänzende PE-Papiere bekommen durch Heißtrocknung einen schöneren Hochglanz (siehe auch Stichwort „Blooming“). Kommen Sie aber nie auf den Gedanken, PE-Papier auf einer Presse für Baryt zu trocknen. Im schlimmsten Fall können Sie danach die Presse - und natürlich auch das Bild - wegschmeißen. Man kann PE-Papier mit einem Haartrockner trocknen, aber häufig führt das dazu, dass Staubpartikel auf die warm doch recht klebrige Oberfläche gepustet werden und das Bild fortan verunzieren.

Es gibt natürlich auch IR- und andere Durchlauftrockner, aber die kosten ein paar Euro.

Nasses Barytpapier ist weich und formbar. Wenn Sie einen nassen Barytprint an einer Ecke auf die Wäscheleine hängen, wird das Blatt entlang seiner Diagonale durch sein eigenes Gewicht ein wenig in die Länge gezogen. Es wird nota bene nur die Diagonale nennenswert länger, weil nur an ihr das Gewicht des Papiers zerrt. Die Seiten bleiben im Wesentlichen gleich. Das aber heißt, dass Pythagoras, der alte griechische Mathematiker, der einmal festgestellt hat, dass zu zwei rechtwinklig aufeinander stehenden Seiten nur eine ganz bestimmte Verbindungslinie zwischen den Endpunkten passt, sauer wird, und das Papier muss sich krümmen, und zwar in einer Weise, die Sie kaum wieder reparieren können, wenn Sie ein Bild so bis zur vollständigen Trocknung malträtiert haben.

Die weiche Oberfläche nasser Gelatine ist formbar. Das heißt einerseits, dass sie leicht beschädigt wird, wenn Sie sie mechanisch beanspruchen. Aber: Wenn man Barytbilder im Kontakt mit einer richtig glatten Oberfläche, z.B. hochglanzpoliertem Metall, hochwertigem Glas oder Kunststoff, trocknen lässt, bekommen die Bilder einen spiegelnden Hochglanz, der insbesondere die Schattenwiedergabe fördert. (Siehe dazu auch Stichwort „hohe Schwärzung“ im Teil 1 des FAQ.) Die Hochglanztrocknung muss nicht auf einer Presse geschehen; sie funktioniert auch - nur langsamer - bei Raumtemperatur. In meiner fotografischen Anfangszeit („Damals in den Ardennen...“) wurde noch in vielen Büchern beschrieben, wie man ein Bild auf eine saubere (!) Glasscheibe aufquetscht und trocknen lässt. Wenn man das abends tat, sollte das Papier aus eigenem Willen über Nacht abfallen. Tat es das nicht (z.B. weil die Glasscheibe nicht sauber war) so war das Bild i.Allg. unrettbar versaubeutelt.

Einen wirklich sauberen Hochglanz hinzubekommen, gleich ob auf einer Hochglanzpresse oder per Raumtemperaturtrocknung, ist schon eine Arbeit, die viel Sorgfalt erfordert. Viel kann schief gehen, und in aller Regel sind die Resultate irreversibel, d.h. ein toller Print, fehlerhaft hochglanzgetrocknet, ist nur noch für die Tonne geeignet. Vielleicht wird die Hochglanztrocknung deswegen nicht mehr gar so oft praktiziert.

Wie ist das eigentlich mit dem „säurefreien“ Papier?

Stichworte:

• Zerfallsmechanismus von Papier
• säurefrei/holzfrei
• Pufferung
• Schadstoffe


Mit der Haltbarkeit von Fotos habe ich mich schon verschiedentlich befasst, allerdings primär unter dem Gesichtspunkt der Haltbarkeit des Silber- oder Tintenbildes. Das ist auch sinnvoll, da es das schwächere Glied in der Kette ist. Wie erst in der letzten Kolumne erläutert, kann man hinsichtlich des Trägers nicht eindeutig PE- oder Barytpapiere als die „besseren“ ausmachen.

Bei Papier im Allgemeinen wird es als wichtig angesehen, dass es „säurefrei“ ist. Wenn wir aber unser Papier durch die fotografischen Suppen ziehen, ist meist auch ein saures Stoppbad dabei. Gefährden wir damit die Haltbarkeit unserer Bilder? Mitnichten. Die Essig- oder Zitronensäure des Stoppbades wird im Zuge der weiteren Verarbeitung, insbesondere während des Wässerns, schnell und vollständig entfernt, da sie keine Neigung hat, sich in Gelatine oder Träger zu verkrallen.

Schauen wir uns aber einmal die Herstellung von Papier an: Hauptzutat von Papier sind Zellulosefasern, und bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das meiste Papier durch das Recycling von Leinen- und Baumwollfasern aus Lumpen (Hadern) hergestellt. In neuerer Zeit (und speziell seit Einführung des „papierlosen Büros“, so scheint es mir manchmal) ist der Papierbedarf offenbar so groß, dass das nicht mehr ausreicht. Es mag auch hinzukommen, dass heute viele Kleidungsstücke aus Mischfasern oder ausgerüsteten Fasern bestehen und sich daher nur noch bedingt für ein solches Recycling eignen. Jedenfalls wird Papier heute zum großen Teil aus Holzfasern hergestellt. Holz besteht etwa zur Hälfte aus Zellulose, nächster Hauptbestandteil ist Lignin, ein der Zellulose verwandtes Material. Für die Papierherstellung muss alles außer der Zellulose entfernt werden, speziell auch das Lignin, da es die Neigung hat, im Laufe der Zeit zu zerfallen und dabei Säure zu erzeugen, das Papier brüchig zu machen und Verfärbungen hervorzurufen. Genau das ist denn auch der Grund, warum hochwertige Papiere als „holzfrei“ bezeichnet werden. Der heute scheinbar üblichere Begriff „säurefrei“ scheint mir nicht so passend wie „ligninfrei“ (oder eben „holzfrei“). Er gibt Anlass zu Missverständnissen. Vor längerer Zeit las ich in einem Artikel über Edeldrucke längliche Ausführungen eines (nicht eben wenig schreibenden) Autors, wonach durch langes Wässern praktisch alle Probleme mit Säure im Papier gleich automatisch mit gelöst wären, denn die Säure und alles andere, was dem Bild schaden könnte - so der Autor - würde ja ausgewaschen. Ganz offensichtlich hat besagter Autor schlaues Wasser, das weiß, was dem Papier schadet: Es lässt die Gelatineschicht der Emulsion und die Schlichte (Leim aus Stärke oder Gelatine) im oder auf dem Papier und löst nur die schädliche Säure auf. Meinem Leitungswasser traue ich diese Intelligenz nicht zu, und wenn im Papier produktionsbedingt Lignin enthalten ist, so schafft es mein Wasser mit Sicherheit nicht - und ich wage zu behaupten, Ihres auch nicht -, es herauszulösen, gleich, ob ich eine Stunde oder einen Tag lang wässere. Und dann zerfällt das Lignin irgendwann und erzeugt Säure, die vorher nicht da war. Das ist mein zweiter Kritikpunkt am Begriff „säurefrei“: Kann gut sein, dass Papier beim Kauf säurefrei ist. Wenn aber die Säure später nachproduziert wird, habe ich davon rein gar nichts.

Um diese nachträgliche Fabrikation von Säure im Papier unschädlich zu halten (und von außen kommende zu neutralisieren), werden manche Papiere gepuffert, d.h. man baut ein schwaches Alkali ins Papier ein, das mit entstehender Säure reagiert und sie neutralisiert. Dafür kann man z.B. schwache Magnesiumcarbonatlösungen verwenden, aber ich befürchte, das Magnesiumsalz würde wirklich im Zuge einer längeren Wässerung ausgewaschen. Bei der Nachbehandlung von Fotos zu konservatorischen Zwecken - so schreibt William Crawford in The Keepers of Light - benutzt man jedenfalls, anders als bei Büchern, auch deswegen keine Pufferlösungen, weil die Dank ihrer Alkalinität die Gelatine aufweichen lassen könnten. Dann wäre vielleicht das Papier gerettet, aber das Foto nicht mehr drauf. (Operation gelungen, Patient tot.)

Weitere Quellen von Bild und Träger schädigender Säure und anderen Chemikalien sind

alle Arten von Klebstoffen (Viele enthalten Schwefelverbindungen und praktisch alle enthalten Lösemittel.),
Aufbewahrungskisten und Rahmen aus Holz (Insbesondere Weichhölzer enthalten viel Harz und verdunsten Terpene.),
Schmiermittel in Scharnieren bei metallenen Aufbewahrungskassetten,
heimische Putz- und andere Chemikalien (z.B. Haarsprays usw.);
und, und, und...

Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, muss man noch wissen, dass - so sagte mir jedenfalls ein renommierter Hersteller - die meisten für Fotopapiere verwendeten Träger nicht einmal wirklich „säurefrei“ sind.

Fazit: Wer absolut archivtaugliche Bilder haben möchte, wird mit Papier nicht wirklich glücklich. Beständiger ist z.B. ein Polyesterträger, wie er z.B. für MACO EXPO Display genutzt wurde. (Suchen Sie es nicht im Laden, es wird aufgrund von Fertigungsproblemen nicht mehr produziert.) Polyester - das wurde schon bei Filmen erwähnt - kann extrem lange „leben“, nämlich bis zu 500 Jahren.

Man kann also eine Menge „Gegenanzeigen“ formulieren, aber nicht eindeutig ein Trägermaterial als das Beste identifizieren. Darüber hinaus kann man versuchen, bei den Herstellern durch Kundenanfragen Problembewusstsein zu schaffen. Fragen wir doch einmal Agfa, Bergger, Foma, Forte, Ilford, Kentmere, Kodak, MACO, Oriental, Tetenal, Wephota und wie sie alle heißen, was für Papierträger sie verwenden. Nur so erfahren die Herrschaften, dass es uns überhaupt interessiert.

Zu PE-Papier: Ich bevorzuge Multigrade IV, weil es von der Seite betrachtet nicht so komisch schimmert. Ist das heute bei allen Herstellern so?
Verwandte Frage:
Was ist 'Blooming' und wie kann der Effekt verhindert werden?

Stichworte:

· Heiß-/Kalttrocknung
· Blooming

Was Sie ansprechen, ist der so genannte Blooming-Effekt: An Stellen hoher Silberdichte scheint, von der Seite gesehen, ein Belag auf der Papieroberfläche zu liegen. M.W. tritt der Effekt ausschließlich oder zumindest hauptsächlich bei glänzendem Papier auf. Er kommt - diese Erklärung habe ich einmal gehört - dadurch zu Stande, dass an Stellen hoher Dichte Silberfädchen wie kleine Härchen durch die Oberfläche dringen. Der Effekt ist natürlich unerwünscht, und die Papierhersteller versuchen etwas dagegen zu unternehmen. Aber auch bei Papieren, wo der Effekt stark auftritt, lässt er sich durch Warmtrocknung mit einem IR-Durchlauftrockner beseitigen. Dadurch wird die Papieroberfläche weich, und die Fädchen versinken oder legen sich flach (vereinfacht gesprochen).

Gibt es Beispiele für einige typische Fehler und ihre Auswirkung, insbesondere mit Bildern von diesen und ihre Vermeidung bzw. die Umkehr, wenn mein Print das und das aufweist, was kann die Ursache sein? (Evtl. unter Verwendung von Scans der Leser)

Stichworte:

Lerneimer

Klar gibt es die, nur leider habe ich die meisten davon meinem „Lerneimer“ (Schöpfung von Tim Rudman) überantwortet. Viele der potenziellen Fehler stecken schon an einigen Stellen in diesem Text unter den jeweiligen Fragen und Antworten. Aber Sie haben natürlich Recht: Man kann die Fehler anschaulich am besten mit Beispielen vermitteln. Das wäre vielleicht eine Anregung für eine ganze weitere Kolumne. Wenn Sie etwas beisteuern möchten, senden Sie mir eine Mail. Ich schicke Ihnen dann meine Postanschrift, und Sie können mir unter Angabe der Verarbeitungsparameter (soweit Sie sie wissen) ein misslungenes Bild schicken. (Das gilt natürlich nicht nur für Fehler unter der Überschrift „Papier“, sondern für alles Mögliche.) Ich werde Ihnen, wenn ich eine plausible Vermutung über die Fehlerursache habe, sofort antworten, alle eingehenden Beispiele sammeln und versuchen, daraus irgendwann eine Kolumne zu basteln.

Woran erkennt man, dass das Papier gealtert ist [nachdem meist (?) keine Jahreszahl auf die Schachtel gedruckt wird]?
Verwandte Frage:
Wie groß ist die Lagerfähigkeit im unbelichteten Zustand (Unterschiede Baryt/PE und Kontrastwandelpapiere/feste Gradation)?

Stichworte:

• Jahresangaben/Losnummern
• Lagerfähigkeit

Auch wenn in den meisten Fällen keine Jahreszahl auf die Schachtel gedruckt ist, sollte sich eigentlich immer eine Losnummer (engl.: Batch number, frz.: Numéro de lot) auf der Schachtel befinden. Fragen Sie beim Hersteller an, wann die Charge gefertigt wurde. Er sollte es Ihnen gerne sagen. Außerdem lernt er vielleicht durch die Anfragen, dass es sinnvoll wäre, gleich die Jahreszahl aufzudrucken. Das würde ich sehr begrüßen, denn mit der Losnummer kann ich allenfalls hinterher feststellen, dass mir ein Krautladen eine Packung angedreht hat, die schon lange herumgelegen hat. Mit einem Herstellungsdatum hätte ich das im Laden erkannt und dem Händler das Zeug gleich vor die Füße geschmissen.

Allerdings hält Fotopaper recht lange, wenn Sie es gut behandeln. 2 Jahre sind nach meinen Erfahrungen überhaupt kein Problem. „Gut behandeln“ heißt: Trocken lagern, nicht in der Nähe von Chemikalien, nicht zu warm.

Wie ändert sich das Papier beim Altern? (Änderung der Bildspurzeit, Reduktion der erreichbaren Schwärzen, Vorhandensein eines generellen Grauschleiers, ......)
Verwandte Frage:
Wie ist gealtertes Papier zu verarbeiten (andere Entwickler, andere Fixierer...)

Stichworte:

Alterseffekte
• Wiederbelebung von altem Papier


Es gibt mehrere Effekte:

1. Das Papier „verweichlicht“. Harte Festgradationen und die härteste Gradation bei kontrastvariablem Papier trifft es zuerst. Sie werden weicher. Ein bekannter Hersteller drückte es einmal in einem Telefonat so aus: „Wenn du Gradation 4 kaufst und ein halbes Jahr ohne Kühlung liegen lässt, kannst du froh sein, wenn du noch Gradataion 3 hast.“ Das mag ein wenig überzogen sein, aber im Trend stimmt’s wohl. Dem lässt sich noch recht gut durch Verwendung härterer Entwickler entgegenwirken. Beispiele hierfür sind (in der Reihenfolge zunehmender Wirkung):

stärker als üblich konzentrierter normaler Entwickler und/oder längere Entwicklungszeit,
Tetenal Dokumol (zusätzlich mit deutlicher Abkühlung des Bildtons bei Warmtonpapier),
LP-DOCUFINE HC („HC“ ist „high contrast“, nicht verwechseln mit „LC“ = „low contrast“) oder AMALOCO AM 30G

2. Das Papier bekommt einen Schleier, d.h. die Weißen sind nicht mehr richtig weiß. Dafür können verschiedene Faktoren verantwortlich sein, z.B. chemische Verschleierung, z.B. durch Dukachemie (Schwefelwasserstoff aus Brauntoner ist eine berüchtigte Quelle.), Verschleierung durch kosmische Strahlung, durch Wärme usw. Dem ist nur bedingt entgegenzuwirken. Helfen soll eine Zugabe des in Entwicklern ohnedies oft anzutreffenden Benzotriazols. Probiert habe ich das allerdings noch nicht. Helfen kann auch eine etwas aggressivere Entwicklung, gefolgt von einem kurzen (!) Bad in recht verdünnter Bleiche, z.B. Farmerschem Abschwächer.

Andere Fixierer brauchen Sie m.E. nicht.

Was ist und was bewirkt der „Bildsilberstabilisator“ Sistan von Agfa?

Stichworte:

Bildzerfall durch Oxidation
• Konservierung
• Schwefeltoner
• Selentoner


Agfa Sistan ist - halten Sie sich fest - eigentlich ein Fixieragens, aber eines, das nicht ausgewaschen wird und trotzdem nicht schadet. Lassen wir die chemischen Details einmal beiseite und konzentrieren uns auf die Anwendung und Wirkung: Die Zerstörung des Silberbildes geschieht durch Oxidation des elementaren Silbers, aus dem sich das Bild zusammensetzt, zu Silberionen. Das elementare Silber ist im Bild nicht beweglich. Die Silberatome bleiben, wo sie sind. Anders die Ionen. Sie können wandern. Eine Auswirkung davon ist z.B. ein Silberspiegel auf dem Bild: Silberionen wandern zur Bildoberfläche, wo sie auch wieder zu elementarem Silber reduziert werden können, und schon hat man Silber als Spiegel auf dem Bild. Es gibt noch andere Effekte wie z.B. Sulfidbildung (braune Flecken). Sistan ist nun eine Mischung aus einem Netzmittel und einem Stabilisator, dessen Wirkung darin besteht, dass er jedes freie Silberion, das im Bild herumschwirrt, sofort einfängt und so daran hindert, sich als Silberspiegel auf der Bildoberfläche niederzuschlagen, als Silbersulfid braune Flecken zu ergeben oder als „Geisterbild“ auf der Bildrückseite aufzutauchen. Dazu wird Sistan als allerletztes Bad, ganz wie ein Netzmittel, angewendet. Es wird nicht ausgewaschen. Agfa hat - so habe ich schon vor einigen Jahren vom zuständigen Bearbeiter bei Agfa gelernt - eigene Tests zur Wirksamkeit unternommen, die belegen, dass Sistan wirkt. Im kleinen Rahmen hat Ctein (s. sein Buch Post Exposure und einen entsprechenden Artikel in Photo Techniques USA) die Wirksamkeit nachgewiesen, und aus „gut unterrichteten Quellen“ weiß ich, dass es inzwischen auch einen Test beim IPI (Image Permanence Institute) gegeben hat, der die Wirksamkeit belegt. (Was ich nicht weiß, ist warum Agfa diesen Test nicht werbewirksam ausschlachtet.)

Andere Wege der Stabilisierung sind

Schwefeltoner (gleich ob giftig stinkender Toner [z.B. Tetenal Schwefeltoner oder Agfa Viradon] oder geruchloser, dafür auf krebsverdächtigem Thiocarbamid basierender [z.B. Triponaltoner]) wirkt schon bei Teiltonung recht zuverlässig schützend. Silbersulfid ist so ziemlich die stabilste Silberverbindung, die es gibt, und auch durch aggressive Chemikalien in der Umwelt kaum wieder kaputt zu kriegen.

Selentoner, z.B. Kodak Rapid Selenium Toner, AMALOCO T 60 oder LP-SELENIA soll lt. Ansel Adams und anderen angeblich auch bildstabilisierend wirken. Der Mechanismus ist ähnlich wie beim Schwefeltoner: Selen ist ein zu Schwefel homologes Element, und so ist auch Silberselenid recht stabil. Allerdings besteht ein gravierender Unterschied: Selentoner tont die hellen Bildpartien nur sehr, sehr langsam. Schon seit Jahren vertritt man bei Agfa nach hausinternen Tests die Meinung, dass Bilder, die mit Selen nur „angetont“ wurden (z.B. 1+20, 2 min), wie es z.B. Ansel Adams zur Erhöhung des Dmax empfiehlt, die aber nicht so lange getont wurden, bis in allen Grauwerten ein deutlicher Bildtonumschlag (und damit einhergehend Verlust der Dichteerhöhung) eingetreten ist, auch nicht wesentlich stabiler sind als ungetonte Bilder. Zudem ist Selen ziemlich giftig.

Der besondere Vorteil von Sistan gegenüber anderen Stabilisatoren (s. auch meinen Artikel „Eine Frage des guten Tons“) besteht darin, dass Sistan keinerlei Wirkung auf den Bildton hat und m.W. mit allen Nachbehandlungen wie Retusche usw. kompatibel ist, soweit sie kein Auswaschen des wirksamen Agens involvieren.

Warum ist das Bildsilber im Fotopapier überhaupt so angreifbar? Nun, es ist eine alte Weisheit, dass niedrige Empfindlichkeit und feines Korn zusammengehören. Die Silberkörner in Fotopapieremulsionen sind feiner als alles, was Ihnen als Film in die Finger fallen wird. Feine Körner haben aber eine besonders große Oberfläche, an denen sie von Chemikalien angegriffen werden können. Muss ich weiter schreiben?

Eines der bei Beständigkeitstests im Hause Agfa haltbarsten Papiere war - das passt genau ins Bild - ein Kalttonpapier. Warum? Je feiner die Bildsilberkörner, desto wärmer der Bildton. Kaltes Papier bedeutet grobes Korn, und das wiederum bedeutet weniger Angriffsfläche für aggressive Chemikalien.

Sistan ist aus meiner Sicht aus demselben Grund auch für extrem feinkörnige Filme zu empfehlen. Das steht auch in meinem Artikel zu den hochauflösenden Filmen (Ein paar Linienpaare mehr ...)

Wie lange können welche Barytpapiere im Wasser bleiben?

Bei mir erfolgt die Wässerung erst nach dem Schlafen am nächsten Tag. Das habe ich so bei einem Fine-Printing-Kurs gelernt! Hatte mit MCC 111 auch NOCH NIE ein Problem mit Ablösen der Schicht, usw.

Stichworte:

• Schlafmangel
• schlechte Praxis
• unbegründete Meinungen


Verlangen Sie bitte nicht von mir, dass ich Ihnen austeste, nach welcher Zeit welches Papier sich wie verzieht, zerfällt oder erst auf lange Sicht merkbare Schäden davonträgt. Ich kann Ihnen hier nur folgende Informationen geben, um einen Trend deutlich zu machen:

Wenn Papier lange im Wasser liegt, wird es dadurch nicht besser. Papier ist geleimt, und der Leim wie auch die Gelatine quellen im Wasser auf, der Leim kann teilweise ausgespült werden. Die Papierfasern quellen auf und werden extrem weich, so dass sie schneller reißen können. Optische Aufheller, die dem Papier zugesetzt werden, um sein Weiß weißer zu machen, werden ausgewaschen.

So gerne ich nach einem langen Abend in der Duka ins Bett will, ich lasse meine Papiere nie unnötig lang im Wasser liegen. Vielleicht haben Sie noch nie ein Problem gehabt, aber vielleicht liegt das auch daran, dass der bewusste „Fine-Printer“-Kurs noch nicht so lange zurück liegt.

Es mag Papiere geben, die eine solche Misshandlung zunächst scheinbar unbeschadet überstehen, aber gut ist ein solches Vorgehen m.E. auch für solche scheinbar robusten Papiere nicht. Veröffentlichungen dazu sind mir nicht bekannt, wären aber auch nur begrenzt hilfreich, da Papier nicht gleich Papier ist. Auch kann ich’s nicht durch Versuche belegen, sondern lediglich durch den Hinweis darauf, dass übermäßiges Waschen in den meisten Datenblättern von Papier, die mir untergekommen sind, kontraindiziert ist.

Ich lehne mich einmal aus dem Fenster und sage Ihnen ganz unverblümt, dass, ob das Etikett „Fine-Printer“-Kurs darauf klebt oder nicht, eine solche Misshandlung von Fotos nach meinem Verständnis eine ganz schlechte, unprofessionelle Praxis ist.

Ich habe mich beim Einstellen meines Vergrösserungsrahmens auf das Papierformat schon oft gefragt, wieso die Hersteller eigentlich keine Papiere mit dem gleichen Seitenverhältnis (Länge x Breite) wie die Negativformate sie besitzen herstellen.

Stichworte:

Historie

Ich auch. Ende der Antwort.

Nicht zufrieden? OK, noch ein bisschen mehr: Die bekanntesten der gängigen Papierformate gehen vermutlich auf historisch gewachsene Plattengrößen, auf „runde“ Zollgrößen, den goldenen Schnitt und sonstige Konstrukte zurück, die die jeweiligen Hersteller für sinnfällig hielten. Daraus hat sich schon vor der Etablierung des heute dominanten KB-Formats mit dem Seitenverhältnis 2:3 ein Quasistandard entwickelt, gegen den kaum anzustinken ist. Und selbst wenn man jetzt Papiere in vielen Größen mit dem Seitenverhältnis 2:3 anbietet, dann sind die Besitzer von KB-Kameras und 4,5x6-Kamers glücklich, aber die von 6x6- und 6x7-Kameras und 4x5-Zoll-Kameras frustriert. Also irgendwer ist immer unzufrieden, wenn die Anzahl der Formate begrenzt ist. Jedes mögliche Seitenverhältnis können die Hersteller nicht anbieten. Also bleibt man bei bestimmten, historisch gewachsenen Formaten und lässt ein bisschen Verschnitt zu. Aus meiner Sicht ist das nicht schlimm. Ich brauche immer etwas weißen Rand, in jedem Fall als Griffzone für die Zange, bei Baryt zusätzlich zum Trocknen, bei PE zum Abschneiden, um die Eindiffusionszone der Chemie nahe den Schnittkanten zu entfernen. Denn was da an Chemie drin ist, ist durch Wäsche nicht mehr zu beseitigen.

Damit beschließe ich Teil 2 meines FAQ und danke Ihnen für Ihre Fragen. Sie sind stets willkommen, mir weitere Anregungen, Kommentare und Fragen zu schicken.