Kunst und Wissenschaft
Die Schwärzungskurve in Theorie und Praxis
In diesem Artikel möchte ich Ihnen die Grundlagen der Sensitometrie nahebringen. Laufen Sie nicht gleich weg! Sie sollten mich
doch kennen: Ich lege Wert auf Praxisbezug. Ich werde Sie also nur in
dem Maße mit Kurven langweilen, wie ich das für das Verständnis
für unvermeidbar halte, Ihnen aber die wichtigsten Schlussfolgerungen
für die Praxis in Kochrezept-Form an die Hand geben. |
Noch eine
Anmerkung in eigener Sache: Sehen Sie mir nach, dass ich für diesen Beitrag
nicht sehr professionell aussehende Handskizzen als Abbildungen verwende. Ich
bin (mal wieder) froh, diesen Artikel rechtzeitig zum Monatsende fertig zu haben.
Die Zeit, die ich gebraucht hätte, um die Bilder auch noch EDV-technisch
umzusetzen, war einfach nicht mehr übrig. Wichtig war mir der Inhalt, und
ich denke, der kommt rüber. "Die Erzeugung eines perfekten Bildes durch Photographie
ist eine Kunst; Wer, zum Teufel, sind Ferdinand Hurter und Vero Driffield? Diese beiden, der
eine Chemiker, der andere Ingenieur, machten sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts
daran, eine der Grundlagen der Fotografie, die Sensitometrie, zu erforschen
und zu beschreiben. Nach 10 Jahren intensiver Forschung traten sie 1890 mit
der ersten H&D-Kurve, heute besser bekannt als Schwärzungskurve, an
die (Fach-)Öffentlichkeit und legten damit den Grundstein für die
Belichtung, etwas, das vorher rein "aus dem Bauch heraus", nach Erfahrung
und Glück gehandhabt wurde. Der bekannteste Fotograf unter denen, die sich
später über die Erkenntnisse von Hurter und Driffield hermachten und
sie weiter ausarbeiteten, dürfte wohl Zonensystem-Prophet Ansel Adams sein.
Der selektiven Verringerung des Kontrasts in den Schatten durch Vorbelichtung
habe ich schon einen eigenen Artikel gewidmet. Hier geht es mir um die Verringerung
der Steigung der Schwärzungskurve durch Verkürzung der Entwicklung.
Eine Änderung der Entwicklungszeit wirkt sich abhängig von der belichteten
Silbermenge aus, und das heißt, dass eine Verkürzung der Entwicklung
die Lichter viel stärker zurückhält als die Schatten. Die Kurve
wird also flacher. Plötzlich passen statt 5 Blendenstufen 6 oder gar 7
in den linearen Teil. Allerdings steht pro Blendenstufe ein geringerer Dichteumfang
zur Verfügung, denn der Gesamtbereich bleibt weitgehend gleich. Die Zonensystem-Adepten
nennen das eine N-1-Entwicklung (sprich: N minus 1), wenn so entwickelt wird,
dass eine Blende mehr in den durchgezeichneten Bereich passt.
Was tut die Entwicklungszeit an der Empfindlichkeit des Films? Umgekehrt kann es natürlich auch vorkommen, dass mein Motiv nicht sehr
kontrastreich ist. Dann habe ich das, was oft "Belichtungsspielraum"
genannt wird. Ob ich mein Motiv eine Blende reichlicher oder knapper belichte,
macht für die Tonwertwiedergabe nichts aus, da ich immer noch im linearen
Bereich der Kurve bleibe. Es macht aber etwas für die Negativqualität
aus! Die Körnigkeit ist um so geringer, je knapper ich belichtet habe,
die Schärfe um so besser. Die Regel ist also:
Was ist Sensitometrie?
Ferdinand Hurter und Vero Driffield wird der folgende Ausspruch zugeschrieben:
die Erzeugung eines perfekten Negativs ist eine Wissenschaft."
Regelmäßigen Lesern meiner Kolumne brauche ich vermutlich nicht zu
versichern, dass ich kein Verfechter der strengen Anwendung des Zonensystems
bin, insbesondere nicht bei der Kleinbildfotografie, aber als ein solcher wissen
Sie auch, dass ich Wert auf praktikable, aber saubere Technik lege. Nach meinem
Empfinden kann man ohne einen gewissen Grundschatz an technischer Fertigkeit
gute Fotos nur in Glücksfällen erzeugen. Es gibt Fotografen - der
von mir sehr geschätzte Henri Cartier-Bresson ist deren einer - die von
sich behaupten, sie hätten von Technik keine Ahnung, und die trotzdem Fotos
erzeugen, von denen ich mit all meinen technischen Kenntnissen mitunter nur
träumen kann. Ich denke, das liegt nur daran, dass diese Menschen so viele
Fotos gemacht haben (und auch so viele Fehler), dass sie die Technik so auf
einem unterbewussten Niveau verinnerlicht haben, dass sie nicht mehr drüber
nachdenken müssen. D.h. aber auch, dass sie sie "beherrschen".
Ein Seiltänzer z.B. muss nicht viel von Dreh- und Trägheitsmomenten
verstehen verstehen, um auf dem Seil spazieren zu können, aber mit ein
paar Grundkenntnissen der Mechanik und etwas Geduld kann man als motorisch nicht
völlig unbegabter Mensch schnell auch auf einem Seil zu gehen lernen, schneller
vielleicht als ein Akrobat, der vom Mechanik keine Ahnung hat. Versteht der
Seiltänzer das, was er tut, auch auf abstrakter, technischer Ebene, kann
er sich nach meinem Verständnis viel effizienter zu wahrer Meisterschaft
entwickeln.
Gut, damit habe ich wohl hinlänglich ausgeführt, warum ich meine,
Sie sollten als Fotograf, auch wenn Sie kein "Zonie" sind, ein paar
technische Grundlagen beherrschen. Steigen wir also ein.
Grundlagen
Schwärzungskurve, Kontrast,
Empfindlichkeit
Die Antwort des Materials auf Belichtung wird beschrieben durch die Schwärzungskurve,
im Englischen auch oft "H&D curve" genannt. Sie ist der zentrale
Baustein der Sensitometrie. Viele Fotografen haben zumindest schon einmal solche
Kurven gesehen, z.B. in Datenblättern, und wissen daher qualitativ, wie
sie aussieht: dass sie flach anfängt, einen mehr oder weniger linearen
Mittelteil hat und schließlich wieder abflacht. Bild 1 zeigt eine solche
idealisierte Kurve.
Aber was bedeutet das für die tägliche Fotopraxis?
Wenn die Schwärzungskurve an einer Stelle flach verläuft, heißt
das, dass dort eine bestimmte Belichtung, nennen wir sie B1, und eine sich davon
unterscheidende Belichtung, B2, dieselbe Dichte D zur Folge haben. Wenn wir
also zwei Stellen in einem Motiv vor der Kamera haben, und unser Belichtungsmesser
zeigt uns verschiedene Helligkeiten an, aber wir belichten so, dass beide in
einem flachen Teil der Kurve auf den Film gebannt werden, wären die beiden
entsprechenden Stellen im Bild ununterscheidbar.
Belichten wir aber so, dass die beiden Stellen im linearen Teil der Kurve liegen,
so werden die beiden unterschiedlichen Belichtungen unterschiedliche Dichten
erzeugen, und die Dichtedifferenz hängt von der Steigung des linearen Teils
der Kurve ab.
Wir merken uns also:
Die Steigung der Schwärzungskurve bestimmt den Kontrast der Wiedergabe
im Negativ.
Wir betrachten unser Beispiel aber noch ein Stück weiter: Wir stellen uns
ein Motiv vor, bei dem wir mittels des Spotbelichtungsmessers festgestellt haben,
dass zwischen den tiefsten Schatten und den hellsten Lichtern, die wir jeweils
noch mit Zeichnung wiedergeben wollen, 5 Blenden Helligkeitsdifferenz liegen.
Je nachdem, wie wir dieses Motiv belichten, können wir verschiedene Effekte
erzielen:
1. Wir belichten so, dass der gesamte Bereich im linearen Teil der Kurve liegt.
Das ist bei 5 Blenden Helligkeitskontrast i.Allg. kein Problem. Es werden dann
alle Tonwerte des Motivs differenziert wiedergegeben.
2. Wir wollen die Schattenzeichnung "verstecken", d.h. die Schatten
sollen schwarz zulaufen, weil sie störendes Detail enthalten. Dann belichten
wir so, dass die Schatten im flachen Teil der Kurve liegen. Wir nutzen dann
die Kurve nicht ganz nach oben aus. (Dazu später mehr.)
3. Wir wollen die Lichterzeichnung "verstecken". Wie das geht, können
Sie jetzt schon erraten.
Also noch etwas zum Merken:
Bei gegebenem Kontrastumfang entscheidet die Belichtung, welche Teile
der Tonwertskala bei gegebenem Kontrast abgestuft wiedergegeben werden.
Was aber tun, wenn ich nun ein Motiv habe, das einen Helligkeitsumfang von 6
oder 7 Blenden hat, und mir ist eine abgestufte Wiedergabe im gesamten Bereich
wichtig? Das Motiv können wir oft nicht beeinflussen, also müssen
wir die Kurve verbiegen, den Kontrast senken.
Bild 6 illustriert das: Der rote, der schwarze und der blaue Doppelpfeil stellen
Kontrastumfänge dar, der grüne einen festen Dichteumfang. Man sieht
deutlich, dass bei der kürzeren Zeit ein größerer Kontrastumfang
in denselben Dichteumfang übersetzt wird.
Nach DIN ISO 6 (der deutschen Fassung der geltenden ISO-Norm zur Bestimmung
der Empfindlichkeit von Filmmaterial) wird die Empfindlichkeit eines Films durch
die Belichtung bestimmt, die eine Schwärzung mit einer Dichte von 0,1 über
dem Grundschleier und der optischen Dichte des Trägers (engl.: film base
plus fog oder fb+f) hervorruft. Wenn Sie die Entwicklung verkürzen, werden
bei gleichbleibender Belichtung alle Dichten etwas geringer ausfallen, auch
die geringen. Aber: Die geringen Dichten werden – das klang oben
schon an – nur wenig beeinflusst, die hohen Dichten hingegen kräftig.
Die Empfindlichkeit des Films nimmt also durch verkürzte Entwicklung nur
geringfügig ab, meist innerhalb eines Bereichs von nur 1/3 Blende. Das
zeigt Bild 7. Die Steigung des geraden Teils der Kurve, also der Kontrast, nimmt
mit längerer Entwicklung zu, aber am Kurvenfuß tut sich wenig.
Belichte so reichlich wie nötig, aber so knapp wie möglich!
Jetzt kann ich in der Duka eine härtere Gradation nehmen und die Dichtedifferenzen
im flauen Negativ auseinanderzerren. Das ist insbesondere die beste Lösung,
wenn auf demselben Film flaue und kontrastreiche Motive abgebildet sind. Ich
kann aber auch die Steigung der Kurve vergrößern und so die Belichtungsunterschiede
in größere Dichteunterschiede umsetzen. Die entsprechende Entwicklung
ist im Falle des Auseinanderzerrens von 4 Blenden auf 5 eine N+1-Entwicklung.
Auch hier ändert sich die Filmempfindlichkeit nur wenig, weil der Effekt
der Entwicklungszeitänderung auf eine Stelle des Negativs von der Menge
belichteten Silbers an ebendieser Stelle abhängt. Wo nicht viel ist, ändert
sich auch nicht viel.
Damit kommen wir gleich zu einem verbreiteten Missverständnis: Viele Fotografen
glauben, durch verlängerte Entwicklung die Filmempfindlichkeit steigern
zu können. Vielleicht haben Sie ein schlechtes Gewissen, weil Sie wissen,
dass bei Unterbelichtung die Schatten absaufen, und bei der Aufnahme von Tante
Gertrude im Garten haben Sie neulich vielleicht doch nicht so genau auf das
im Schatten liegende Gesicht gemessen, sondern bei der Integralmessung viel
Himmel im Bild gehabt. Getreu dem Grundsatz "Viel hilft viel!" wird
dann lieber etwas zu lang als etwas zu kurz entwickelt. Vergessen Sie's.
Sie erreichen so nur eines: Negative, die Sie nur mit viel Mühe vergrößern
können, weil nämlich die Schatten kaum an Zeichnung gewonnen haben,
aber die Lichter so dicht geworden sind, dass sie auch mit Nachbelichtungen
und anderen Tricks kaum noch vernünftig zu Papier zu bringen sind. Schattenzeichnung
ist nur auf eine Weise zu erzielen: durch richtige Belichtung. Nicht umsonst
heißt es:
Belichte auf die Schatten und entwickle auf die Lichter.
Das ist die Zusammenfassung der beiden letzten Merksätze in einem Satz.
Sie können bei einem harten Negativ in Grenzen durch eine weiche Papiergradation
erreichen, dass der abgestufte Bereich größer wird, aber alle
Tonwerte werden flauer wiedergegeben. Ein gutes Bild lebt aber von einer
"knackigen" Wiedergabe, ganz besonders im Bereich der Schatten. Das
liegt z.T. daran, dass das Auge kleine Unterschiede in den fast schwarzen Bereichen
schlechter sieht als in den fast weißen.
Obige Weisheit etwas anders formuliert sollte vielleicht lauten:
Belichte im Zweifel lieber etwas zu reichlich,
und entwickle dann lieber etwas zu kurz.
Auf die Weise erhalten Sie Negative, die reichlich Schattenzeichnung haben und
Lichter, die Sie nötigenfalls mittels härterer Gradation des Papiers
"hochziehen" können. (Die Betonung liegt allerdings auf dem Wort
"etwas".)
Stellen wir uns zwei typische Grenzfälle vor:
• greller Sonnenschein im Sommer und
• trübes, graues, diffuses "Licht" im Winter
Bei Sonnenschein ist es hell, die Schatten sind tief. Was machen Sie? Nach dem
zuvor Gesagten belichten Sie trotz der gleißenden Helligkeit etwas reichlicher,
entwickeln aber etwas knapper.
Bei der grauen Suppe ist scheinbar nicht viel Licht da, aber richtige Schatten
gibt es auch kaum. Was tun? Sie belichten ein wenig knapper und entwickeln
etwas länger.
So viel zur Intuition!
Pushen und Pullen
Es ist mir wichtig genug, dass ich es noch einmal wiederhole: Sie werden durch
verlängerte Entwicklung nicht die Empfindlichkeit Ihres Films nennenswert
erhöhen, und Sie werden sie durch verkürzte Entwicklung nicht nennenswert
senken.
Der einzige Weg zu einer höheren Empfindlichkeit bei gegebenem Film ist
die Nutzung eines anderen Entwicklers.
Die tatsächliche Filmempfindlichkeit hängt von der Kombination von
Film und Entwickler ab. Nachfolgend habe ich ein paar Entwickler mit ihren Auswirkungen
auf die Filmempfindlichkeit aufgelistet. Die Liste ist alles Andere als vollständig,
sondern enthält lediglich ein paar markante Beispiele aus meiner Praxis.
Die Aussagen zur Empfindlichkeit sind in Relation zur "mittleren"
Empfindlichkeit der Filme zu verstehen, die Sie mit anderen Entwicklern erzielen.
Wie Sie Ihre eigene persönliche, für Ihre Gegebenheiten angepasste
Empfindlichkeit ermitteln, habe ich letzten Monat beschrieben.
Entwickler | Wirkung auf Empfindlichkeit | sonstige Effekte |
2-Bad-Entwickler (Stöckler-Typen, Emofin usw.) | bis zu 1 Blende Gewinn | scharf, hinsichtlich des Korns neutral, stark ausgleichend*) |
Champion Promicrol | ½ bis 1 Blende Gewinn | scharf, ausgleichend*) |
Ilford Perceptol | rund 1 Blende Verlust | feines Korn |
LP-CUBE XS | bis zu 1 Blende Verlust | feines Korn, scharf |
LP-SUPERGRAIN | bis zu 1 Blende Gewinn | kantenscharf, ausgleichend*) |
Rodinal, hohe Konzentrationen | keine besondere | relativ grobes Korn, kantenscharf |
Rodinal, stark verdünnt | leichte Erhöhung | weniger ausgeprägter Effekt beim Korn, stärkere Kantenschärfe, ausgleichend*) |
SPUR HRX | meist geringer Verlust | sehr scharf, feines Korn |
SPUR SLD | rund 1 Blende Gewinn | kantenscharf, ausgleichend*) |
*) Erläuterungen zu Ausgleichsentwicklern s. weiter unten |
Damit zurück zur Überschrift "Pushen und Pullen":
"Puschen" ist ein regional gebräuchliches Wort für Pantoffeln.
"Pushen", vom englischen "to push" = "schieben, drücken,
stoßen", bedeutet, dass Sie einen Film länger entwickeln als
normal. Sie erreichen damit nach dem zuvor Gesagten:
• höheren Kontrast
• geringfügig bis gar nicht erhöhte echte Empfindlichkeit
• groberes Korn
• höheren Schleier
also eine schlechtere Negativqualität, wenn Sie's ins Extrem treiben. Warum
man's doch manchmal tut? Wo wenig Licht ist, ist oft auch wenig Kontrast. In
Funzellicht-Situationen kann man daher durch Pushen kontrastreichere Negative
erzeugen. Dass dabei eventuell im Bild befindliche Lichtquellen so zulaufen,
dass beim Vergrößern keine Zeichnung mehr hinzubekommen ist, ist
ein dann in Kauf genommenes Übel.
Wenn Sie jetzt nicht auf die Schatten messen, sondern auf die Mitteltöne,
können Sie beim Pushen tatsächlich am Belichtungsmesser eine erhöhte
scheinbare Empfindlichkeit einstellen. Mittelgrau ist nämlich
ein Grauwert, der durch verlängerte Entwicklung schon merklich an Dichte
zulegt. Seien Sie sich nur bewusst, dass die Schatten dann zeichnungslos bleiben.
"Pullen" von engl. "to pull" = "ziehen" heißt,
dass Sie den Film verfrüht aus dem Entwickler ziehen. Damit hindern Sie
die Lichter daran, eine zu hohe Dichte aufzubauen. Sinn macht das aus meiner
Sicht nur, wenn Sie es mit hohem Kontrast zu tun haben. Zur Anpassung der Filmempfindlichkeit
ist die Wahl eines anderen Entwicklers (z. B. LP-CUBE XS oder Ilford Perceptol)
sinnvoller. Pushen bewirkt
• geringeren Kontrast
• geringfügig bis gar nicht verminderte echte Empfindlichkeit
• feineres Korn
• etwas geringeren Schleier
Wieder können Sie von einer geringeren scheinbaren Empfindlichkeit
ausgehen, wenn Sie auf Mitteltöne oder Lichter messen, aber auf Kosten
des Kontrastes.
Ausgleichsentwickler
Ab und an in diesem Artikel war schon die Rede davon, dass ein Entwickler "ausgleichend"
wirke. Solche Entwickler sind die optimalen Entwickler für Anfänger,
die ihre ersten Schritte auf unbekanntem Terrain wagen. Sie liefern so etwas
wie die "automatisch richtige Entwicklung". Mit einem Ausgleichsentwickler
machen Sie in den meisten Fällen nicht viel falsch. Sie mögen zwar
auch nicht immer die optimal angepassten Negative erzielen (werden ihnen aber
oft recht nahe kommen), aber meist gut vergrößerbare. Die Ausgleichswirkung
besteht darin, dass die Schatten bevorzugt entwickelt werden, die Lichter aber
nicht ins Kraut schießen können. Bei einem Ausgleichsentwickler wirken
sich leichte Schwankungen in der Verarbeitung nicht so stark aus wie bei Entwicklern,
die nach Zonensystem-Manier "auf den Punkt" entwickeln. Der Effekt
ist am stärksten bei den erwähnten 2-Bad-Entwicklern.
Belichtungsmessung
Abschließend noch ein paar Worte zur Belichtungsmessung: Ich habe im Zuge
des Artikels häufiger davon gesprochen, dass Sie "auf die Schatten",
"auf die Mitteltöne" oder "auf die Lichter" messen
sollen. Gemeint ist damit, dass Sie durch Nahmessung oder mittels eines Spot-Belichtungsmessers
selektiv jeweils die dunkelste oder hellste Stelle Ihres Motivs anmessen sollen,
die noch durchgezeichnet, also nicht schwarz bzw. weiß, wiedergegeben
werden soll, bzw. bei den Mitteltönen, dass Sie etwas anmessen, das im
fertigen Bild mittelgrau erscheinen soll. Das verlangt ein bisschen Übung
und wäre schon an sich ein Thema für einen ganzen Artikel. Aber belassen
wir es hier bei der Aussage, dass Sie nur so eine Information über den
Kontrastumfang des Motivs bekommen.
Als Lösung aller Probleme wird oft die Lichtmessung gepriesen. Sie ist
es, und sie ist es auch nicht.
Sie ist es, weil sie wesentlich weniger fehleranfällig ist als eine Spotmessung.
Sie werden damit meist vernünftige Negative erzielen.
Sie ist es nicht, weil sie keine Aussagen zum Kontrast liefert. Ist er hoch,
fressen bei Lichtmessung möglicherweise sowohl die Lichter als auch die
Schatten aus, ist er niedrig, belichten Sie reichlicher als nötig, aber
in beiden Fällen nicht völlig daneben.
Zusammenfassung
1. Ohne grundlegendes Verständnis der Sensitometrie ist richtige Belichtung
und Entwicklung Glücksache.
2. Entwicklungszeit beeinflusst den Kontrast, nicht die Empfindlichkeit.
3. Etwas zu wenig Kontrast ist weniger problematisch als zu viel.
4. Der Entwickler beeinflusst die Empfindlichkeit.
5. Die besten Bilder entstehen mit knapper, aber ausreichender Belichtung.
6. Pushen und Pullen ändern nur die scheinbare Empfindlichkeit.
7. Die optimale Entscheidung über Belichtung und Entwicklung können
Sie nur auf der Basis von Spot- oder Selektivmessungen treffen.