Damit Sie nicht rot sehen ...
(Infrarotfotografie,
Teil 3: Die Filme)
Lange haben Sie auf Teil 3 warten müssen, und einige haben sich schon bei
mir nach seinem Verbleib erkundigt, aber der Wettergott war den Infrarot-Fotografen
in diesem Jahr bis vor ein paar Wochen nicht besonders günstig gesonnen,
wie Sie sicherlich selbst gemerkt haben. Aber jetzt gab es endlich ein paar
Tage Sonnenschein, und da habe ich gleich die mir noch unbekannten Filme getestet.
Meine Erfahrungen mit den neuen Filmen sind naturgemäß nicht so reichhaltig
wie die mit dem althergebrachten Material, aber wenn ich mit der Veröffentlichung
dieses Tests warte, bis ich alles über die Filme weiß, ist
mindestens diese Saison auch vorbei. Also, hier kommt er, der IR-Filmtest...
Der ideale IR-Film
...hat eine bis weit ins IR reichende Sensibilisierung und hohe Empfindlichkeit
wie ein Kodak HIE und ist feinkörnig und scharf wie ein MACO IR 750c. Je
nach Bedarf zeigt er die für den Kodak HIE so typische Überstrahlung,
die wir bei "atmosphärischen" oder "mystisch" anmutenden
Aufnahmen schätzen, oder ist scharf und lichthoffrei wie die MACO-Filme.
Erinnert Sie das an die Eier legende Wollmilchsau? Zu Recht! Die verschiedenen
Anforderungen der IR-Fotografie schließen einander teilweise gegenseitig
aus. Hohe Empfindlichkeit bedeutet immer auch gröberes Korn, und eine Lichthofschutzschicht
lässt sich nicht nach Bedarf abschalten. Ebenso sorgt die chromatische
Aberration dafür, dass ein Film, der für ein breites Wellenlängenspektrum
empfindlich ist, nicht so scharf ist wie einer, der nur in einem engen Wellenlängenbereich
aufzeichnet. Man muss sich also schon beim Einlegen des Films entscheiden, was
man will - zumindest teilweise, wie ich Ihnen weiter unten darlegen werde.
Was macht einen Film zum Infrarot-Film?
Hinsichtlich des IR-Effektes ist die Sensibilisierung des Films der springende
Punkt. Wie schon in Teil 1 dieses Artikels erklärt, sind ausnahmslos alle
IR-Filme auch im sichtbaren Bereich des Spektrums empfindlich. Sie können
sie also wie normale SW-Filme benutzen. In diesem Fall werden Sie den Bildern
die IR-Sensibilisierung des Films nicht besonders ansehen, denn das vom sichtbaren
Licht hervorgerufene Bild überdeckt das vom IR hervorgerufene (durchaus
auch vorhandene) Bild praktisch völlig. Um das "IR-Bild" sichtbar
zu machen, müssen wir also das sichtbare Licht schwächen bzw. ausschließen.
Wenn wir z.B. durch ein so genanntes Schwarzfilter (RG 695/RG 715 und höher)
alles sichtbare Licht ausschließen, bleibt nur das IR-Bild übrig,
aber bei Filtern, die noch Anteile sichtbaren Lichts durchlassen (Gelb-, Orange-
und Rotfilter bis einschl. RG 665/RG 695) sehen wir immer eine Überlagerung
des IR-Bildes mit dem vom sichtbaren Licht hervorgerufenen Bild.
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Anmerkung: |
Bei einer Überlagerung von IR und sichtbarem Licht hängt der Bildeindruck, die Gewichtung zwischen IR-Bild und durch sichtbares Licht verursachtem Bild, davon ab, wie stark welches Bild ausgeprägt ist. Diese Gewichtung wird durch zwei Faktoren beeinflusst, nämlich
Filterkurve und
Sensibilisierung.
Ich betone dies, insbesondere die "zwei", weil es für
das Verständnis des Verhaltens der Filme so wichtig ist: Ein Film, dessen
Empfindlichkeit im Sichtbaren sich im Bereich des Blauen bewegt und nicht sehr
hoch ist, und mit (vergleichsweise) hoher Empfindlichkeit im IR (vgl. Konica
IR 750) lässt sich durch ein gewöhnliches Rotfilter schon zu starken
IR-Effekten veranlassen, weil das Rotfilter schon all das sichtbare Licht blockiert,
auf das der Film reagieren könnte. Bleibt also nur der IR-Anteil. Ein Film
hingegen, der panchromatisch reagiert und einen nur wenig ins IR reichenden
Empfindlichkeitsbereich hat (vgl. Ilford SFX, MACO IR 750c, CUBE 400c) wird
bei einem Rotfilter in etwa reagieren wie ein gewöhnlicher Film, denn das
Bild des sichtbaren Lichts ist immer noch viel stärker als das des IR.
Bei einem solchen Film erreichen Sie den typischen "IR-Look" erst
mit Filtern, die praktisch alles sichtbare Licht blockieren und nur noch IR
durchlassen, also ab RG 695/RG 715. Dass der Kodak HIE schon mit verhältnismäßig
durchsichtigen Filtern (Rot #29) einen deutlichen IR-Look zeigt, liegt daran,
dass er eine wirklich hohe und weit ins IR reichende Sensibilisierung hat. Schon
bei Wegfallen des blauen Lichts kann das IR-Bild sich gegenüber dem vom
sichtbaren Licht verursachten behaupten.
An einer Serie von Aufnahmen mit zunehmend starken (und damit visuell undurchsichtigeren)
Filtern an einer Nikon Coolpix 950 kann ich Ihnen den Effekt veranschaulichen:
Der Sensor ist immer derselbe, folglich auch die spektrale Sensibilisierung
(die, wie ich von Nikons technischem Support weiß, bis gut über 1000
nm reicht). Die Serie von Fotos wurde mit folgenden Filtern aufgenommen:
Ohne Filter
Mit Filter Rot dunkel 29
Mit IR Filter RG 665
Mit IR-Filter RG 695
Mit IR Filter RG 715
(Achten Sie bitte
nicht auf die Kompressionsartefakte (Helligkeitsbänder im Himmel); zur
Minimierung der Übertragungszeit sind die Daten sehr stark komprimiert.)
Sie sehen, dass in demselben Maße wie der Anteil des sichtbaren Lichts
abnimmt, die IR-Effekte (speziell dunkler Himmel und Wood-Effekt) an Deutlichkeit
zunehmen. Wenn Sie also dieses Modell im Kopf behalten, werden Sie von der Darstellung
von Motiven auf IR-Film zumindest nicht allzu sehr überrascht werden.
Die Filme im Vergleich
Ich möchte Ihnen nachfolgend die Filme zunächst in Prosa beschreiben. Am Ende des Artikels finden Sie eine Gegenüberstellung, in der die wesentlichen Eigenheiten der Filme gegenübergestellt werden. Aus historischen Gründen werde ich die Filme in der Reihenfolge vorstellen, wie Sie auf den Markt gekommen sind. Eine Wertung im Sinne von bester, zweitbester Film usw. will - und kann - ich nicht abgeben, denn nicht nur die Geschmäcker sind verschieden, sondern auch die Anwendungsbereiche. Meine Aussagen beziehen sich also auf objektive Befunde und allgemeine Hinweise zur Handhabung.
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Warnung: |
Der Vater aller IR-Filme:
Kodak HIE (oder Kodak High Speed Infrared)
Über einen langen Zeitraum war dieser Film der IR-Film schlechthin.
Das liegt z.T. daran, dass er aufgrund seiner hohen Empfindlichkeit bis weit
ins Infrarote hinein und der fehlenden Lichthofschutzschicht einen ausgeprägten
IR-Effekt zu erzeugen in der Lage ist. Vieles von dem, was man "IR-Look"
nennt, ist geprägt durch das Erscheinungsbild der Bilder auf Kodak HIE.
Der Kodak HIE ist ein schneller
Film, dementsprechend auch einer mit sehr ausgeprägtem Korn. Er ist aber
auch der IR-Film, mit dem Sie selbst bei Verwendung eines Schwarzfilters (z.B.
RG 780 oder #87) oft noch aus der Hand schießen können. (Das geht
allerdings, s. auch Hinweise in Teil 1, nur bei Sucherkameras!) Nach meinen
Erfahrungen ist man bei Verwendung eines Filters RG 780 bei Messung ohne Filter
durch das Objektiv oder mit externem Belichtungsmesser mit einer Empfindlichkeit
von ISO 50/18° gut bedient. Wenn Sie eine Belichtungsreihe von +1 bis -1
Blende um diesen Wert schießen, werden Sie in aller Regel einen Treffer
dabei haben. (Weitere Hinweise zur Belichtung von IR-Material s. Teil 1.) Verwenden
Sie ein dunkelrotes Filter (#29), können Sie bei vielen Kameras bei Messung
durch das Filter zu zutreffenden Ergebnissen kommen, wenn Sie eine Empfindlichkeit
von ISO 400/27° einstellen.
Die Bereitwilligkeit des Films, IR-typische Bilder zu erzeugen sowie seine hohe
Empfindlichkeit erkauft man sich mit Handhabungsnachteilen: Der Film muss in
absoluter Dunkelheit, also in der Duka oder im Wechselsack, in die Kamera eingelegt
und aus ihr entnommen werden. Kühle Lagerung ist unbedingt erforderlich,
tiefgekühlte (***-Fach) noch besser, insbesondere über längere
Zeit. Die aufgedruckten Haltbarkeitsdaten dürfen Sie bei Tiefkühllagerung
praktisch vergessen. Erfahrungsgemäß hält bei -18 °C (***-Fach)
gelagerter HIE Jahre länger als aufgedruckt.
Probleme bereiten Kameras
mit IR-LEDs für die Filmzählung und oft das Filminfo-Fenster in der
Kamerarückwand. Zu beidem finden Sie nähere Aussagen in Teil 1.
Der Film wird vermutlich vorwiegend für Landschaft verwendet, und er dürfte
aufgrund seiner Empfindlichkeit von den IR-Filmen der sein, der sich am besten
- wenn nicht allein - für Aufnahmen von bewegten Objekten (z.B. Portrait
und Akt) eignet.
Der Filmträger ist glasklar, was eine Umkehrentwicklung zu SW-Dias erlaubt.
Kodak HIE ist in KB-Patronen und als beidseitig perforierte 70-mm-Meterware
erhältlich. MF- und GF-Material ist - zumindest für Hobbyanwender
- nicht erhältlich oder unbezahlbar.
Der Film ist mit EUR 10 bis 15 je 36er KB-Patrone nicht gerade billig.
Exot mit Seltenheitswert: Konica IR 750
Der Konica IR 750 ist ein (verglichen mit Kodak HIE) langsamer, feinkörniger
und steil reagierender, im Prinzip orthochromatischer Film mit IR-Anhang. Er
hat einen Empfindlichkeitsbereich im Blauen und einen im IR um 750 nm und nichts
dazwischen. Entsprechend reagiert er: Ein Rotfilter #25 oder #29 reicht aus,
um die blauen Wellenlängen völlig auszuschalten. Die verbleibenden
roten und infraroten Anteile des Spektrums reichen meist schon für einen
veritablen IR-Effekt aus. Die nicht so weit ins IR reichende Empfindlichkeit
vermisst man daher nicht unbedingt. Man kann mit diesem Film Dank dem ausgeprägten
Effekt schon bei "normalen" Rotfiltern mitunter noch aus der Hand
schießen. Stellen Sie dazu bei Messung durch ein Rotfilter #25 den Kamerabelichtungsmesser
auf ISO 200/24° oder bei Messung ohne Filter oder mit externem Belichtungsmesser
auf ISO 25/15° bis ISO 50/18°. Verwenden Sie ein Schwarzfilter, kommen
Sie allerdings leicht ins Zögern, das Verhalten des Films mit dem Wort
"Empfindlichkeit" zu bezeichnen. Aufnahmen mit einem Schwarzfilter
RG 780 habe ich mit diesem Film noch nie gemacht, kann also nur aus zweiter
Hand berichten, dass die Empfindlichkeit bei Messung ohne Filter oder mit externem
Belichtungsmesser für diese Kombination um ISO 0,75/0°. Für ein
Filter RG 715 wird eine Empfindlichkeit von ISO 3/6° bis ISO 6/9° beträgt.
Die Handhabung ist nicht ganz so kritisch wie beim Kodak HIE, aber Einlegen
im Dunkeln und kühle bis kalte Lagerung sind empfehlenswert.
Dieser Film wird nur einmal im Jahr gegossen und geliefert. (Ungefähr genau
so häufig oder noch häufiger kursieren im Internet Gerüchte,
wonach er eingestellt sei.) Wer darauf schwört, sollte im Frühjahr
(meist so im Februar) die Kühltruhe leer haben und mit einem ausreichenden
Vorrat füllen. Der Film kommt in 24er KB-Patronen und als Rollfilm 120
daher.
Der Preis ist mit dem des Kodak HIE vergleichbar.
Nicht Fisch, nicht Fleisch: Ilford SFX
Der Ilford SFX wurde eingeführt als "Film mit erweiterter Rotempfindlichkeit".
M.W. handelte es sich um den missglückten Versuch, an Kodaks Monopol bei
Verkehrsüberwachungsfilmen (Sie wissen schon: zu schnell gefahren, Blitz,
Geldstrafe und Punkte in Flensburg.) zu rütteln. Der Ilford SFX reagiert
weitgehend wie ein panchromatischer Film mit ISO 200/24°. Unter günstigen
Bedingungen, d.h. bei Vorhandensein von viel IR-Strahlung (1 bis 2 Stunden nach
Sonnenauf- oder vor Sonnenuntergang) und günstigem Motiv (z.B. Bäume
mit frischem Laub im Frühjahr) kann man ihm mit einem strengen IR-Filter
(RG 695/RG 715 einen "richtigen IR-Look" mit schwarzem Himmel und
Wood-Effekt abluchsen, aber für gewöhnlich reagiert er eher als konventioneller
Film denn als IR-Film. Das Korn entspricht nach meinem Empfinden dem eines HP5
Plus, also eines Films mit klassischer kubischer Kristalltechnologie oder ist
noch etwas grober.
Für die Belichtung können Sie praktisch vorgehen wie bei konventionellen
Filmen: Messung mit externem Belichtungsmesser bei ISO 200/24°, Anwenden
des Filterfaktors. Bei Messung durch ein Rotfilter kommen Sie vermutlich mit
dieser Einstellung ebenfalls gut zurecht.
Die Handhabung ist unproblematisch. Es gelten die Regeln wie bei konventionellen
Filmen.
Ilford SFX wird in 36er KB-Patronen zu Preisen zwischen EUR 8 und 10 angeboten.
Neu (wenn auch nicht mehr ganz): MACO IR 820c
Dass die Entwicklungszeiten für diesen Film dieselben sind wie für
den MACO UP 100 plus, ist kein Zufall: Der MACO IR 820c basiert auf der Emulsion
dieses bewährten Films, hat aber eine IR-Empfindlichkeit bis (Nomen es
Omen) über 800 nm hinaus dazu bekommen. Die zugrundeliegende ISO 100/21°-Emulsion
sorgt für feines Korn, und die weit ins IR reichende Empfindlichkeit lässt
schon bei Verwendung eines wenn auch dunkeln, aber noch deutlich durchsichtigen
Filters RG 665 schon deutliche IR-Effekte (schwarzer Himmel und Wood-Effekt)
aufkommen, zur Not (aber eher selten) sogar noch gerade aus der Hand. Anders
als der Kodak HIE hat aber der MACO IR 820c eine Lichthofschutzschicht, so dass
die Neigung zur Überstrahlung geringer ist, aber wegen der mit zunehmender
Wellenlänge abnehmenden Wirksamkeit dieser Schicht beim "IR-Bild"
(also z.B. dem weißen Blattwerk) doch noch im Ansatz vorhanden ist. ISO
12/12° bis ISO 50/18° bei Messung ohne Filter oder mit externem Belichtungsmesser
haben sich bei mir bei Verwendung eines RG 665 als vernünftig erwiesen.
Für ein Filter RG 715 empfiehlt MACO bei Messung ohne Filter ISO 25/15°.
Beim Filter RG 780 ist ISO 3/6° bis 6/9° angemessen.
Den MACO IR 820c können Sie wegen seiner panchromatischen Basisemulsion
auch gut ohne Filter als konventionellen Film verwenden. Das zur Dauerlösung
zu erheben würde ich nicht empfehlen, da das wegen der chromatischen Aberration
in einer anderen Ebene scharfe IR-Bild, auch wenn es schwach ist, das Bild des
sichtbaren Lichts überlagert. (Anregung meinerseits an MACO: Könnte
man nicht verfahren wie bei Videokameras, denen zur Verbesserung der Abbildungsqualität
ein IR-Sperrfilter eingesetzt ist und ein Filter vorsetzen, dass z.B. ab 715
nm sperrt? Dann hätte man mit Sperrfilter einen tollen panchromatischen
Film, mit IR-Filter einen prima IR-Film.)
Für die Handhabung sind dieselben Regeln einzuhalten wie bei Kodak HIE,
also Filmwechsel im Dunkeln und kühle bis kalte Lagerung.
Eine Besonderheit dieses Films (im Vergleich zum HIE) ist seine Lichthofschutzschicht.
Um sie zu entfernen, sollten Sie den Film vor der Entwicklung 30 s bis 1 Minute
in einer Tankfüllung Wasser bei Prozesstemperatur (meist 20 °C, aber
bei manchen Entwicklern auch höher) dauernd kippen. Wenn sie das Wasser
dann auskippen, sieht es aus wie Tinte. Nach meinen Erfahrungen passiert zumindest
bei Einmalentwickler auch nichts Schlimmes, wenn Sie die Vorwässerung mal
vergessen, aber MACO empfiehlt sie u.a. auch wegen gleichmäßigerer
Entwicklung und besserer Ausnutzung der Empfindlichkeit.
Wie alle MACO-Filme mit dem kleinen "c" im Namen hat auch dieser einen
glasklaren (engl. "clear") Träger, was ihn für eine Umkehrentwicklung
prädestiniert. Auf der Schachtel steht denn auch "SW-Negativ- und
Diafilm".
Der Film ist als KB-Film, RF 120 und als Planfilm bis 8 x10" erhältlich.
Der Preis je 36er KB-Patrone liegt zwischen EUR 8 und 9.
Der zweite nicht mehr ganz frische Neuling: MACO IR 750c
Der "kleine Bruder" des MACO IR 750c entstand aus derselben Basisemulsion,
weshalb vieles von dem, was ich oben schrieb, auch hier gilt. Aufgrund der sich
weniger ins IR erstreckenden Sensibilisierung ist bei gleicher Filterung das
IR-Bild schwächer als beim MACO IR 820c. D.h., dass der MACO IR 750c bei
einem Filter IR 665 nicht ganz so bereitwillig einen ausgeprägten IR-Effekt
zeigt, es heißt aber auch, dass sich dieser Film besser als die 820er
Variante als "Standby"-IR-Film nutzen lässt, also als Film, mit
dem man konventionell und im IR fotografiert. Im letzteren Fall ist dann
die Empfindlichkeit deutlich geringer als beim MACO IR 820c. Mit einem strengeren
IR-Filter (z.B. RG 695/RG 715) bekommen Sie garantiert einen Wood-Effekt und
schwarzen Himmel hin, aber ein Filter RG 780 ist für den MACO IR 750c schon
fast so undurchsichtig wie ein Objektivdeckel.
Handhabung und Lagerung sind nicht so kritisch wie beim MACO IR 820c. Kühle
Lagerung und Filmwechsel in gedämpftem Licht sollten reichen.
Hinsichtlich der Lichthofschutzschicht und des Trägers gilt das beim MACO
IR 820c Gesagte.
Der Preis je 36er KB-Patrone liegt zwischen EUR 5 und 6. (Auch das macht die
Anwendung als Mehrzweckfilm attraktiver!)
Ganz neu: MACO CUBE 400c
Neu erhältlich und zumindest im Augenblick noch in weißen Schachteln
ist der MACO CUBE 400c. Sie werden bemerken, dass diesem Film der Namenszusatz
"IR" fehlt. Seine Sensibilisierung erstreckt sich etwas weniger weit
in den IR-Bereich als die des MACO IR 750c, dafür ist seine Empfindlichkeit
mit ISO 400/27° um zwei Blenden höher. Die Konkurrenz für Kodak?
Ja und vielleicht.
Ja, denn nachgewiesenermaßen ist dieser Film die Konkurrenz für Kodaks
Verkehrsüberwachungsfilm. Über Jahrzehnte war Kodak der einzige Hersteller,
der Filme für diesen Zweck anbot und hatte deshalb z.B. auch die meisten
der zuständigen deutschen Behörden fest als Kunden in der Hand. (Kleinere
Anteile wurden auch von Agfa, Ilford und nicht so bekannten Marken gehalten.)
Die Anforderungen an einen solchen Film sind hart: Er muss in seinem "Starenkasten"
eisige Kälte genauso aushalten wie brütende Hitze, und er muss bei
Regen und Schnee möglichst nicht nur das Autokennzeichen, sondern auch
den Raser selbst identifizierbar abbilden, und das, wo Blende, Zeit und Blitzlichtoutput
festgelegt (d.h. nicht einstellbar) sind, wo sich also der Film flexibel zeigen
und alle Schwankungen auffangen muss. Dieses Bündel von Anforderungen konnte
bis vor Kurzem nur Kodak erfüllen, bot aber seinen entsprechenden Film
dem "Normalverbraucher" nicht an. Um so mehr darf man sich freuen,
dass MACO diesen Nutzerkreis nicht ausschließt. Warum ich Ihnen das erzähle?
Weil einige der Besonderheiten dieses Films in Kenntnis seiner Historie besser
verstehbar werden. Zudem darf man damit rechnen, dass in diesem Bereich der
SW-Fotografie, wo die Filme extreme Anforderungen erfüllen müssen,
weiter an Verbesserungen geforscht wird. Bei der konventionellen SW-Fotografie
beobachten wir ja schon seit geraumer Zeit den beklagenswerten Trend zu weniger
oder keiner Forschung und zur Einstellung bewährter Produkte.
Entgegen dem üblichen Trend zu immer dünnschichtigeren Filmen ist
der CUBE 400c ein Zweischichtenfilm. Nur durch die Paarung dieser zwei Schichten
und den weiteren Trick, dass die Lichthofschutzschicht dieses Films zwischen
Träger und Emulsion sitzt (so dass Lichthöfe allein noch durch die
Streuung in der Emulsion auftreten können), wurde es möglich, dass
er unter variierenden Verhältnissen zuverlässig funktioniert. Das
hat aber auch Auswirkungen auf die Ergebnisse mit verschiedenen Arten von Entwicklern:
In Oberflächenentwicklern (z.B. Ilford ID11/Kodak D76, Ilford Ilfosol,
Tetenal Ultrafin, Kodak Xtol oder LP CUBE XS) wird näherungsweise nur die
feinkörnige Schicht entwickelt. Folgerichtig erhalten Sie feinkörnige
Negative, allerdings auf Kosten der Empfindlichkeitsausnutzung. Bei Schichttiefenentwicklern
(z.B. LP Supergrain oder Kodak HC 110 Dil. B) wird die ganze Schicht entwickelt,
und die Empfindlichkeit des Films wird voll ausgenutzt. Sie erhalten kräftigere
Negative mit scharf gezeichnetem, bildwirksamem Korn.
Der CUBE 400c hat
einen sehr robusten, blauen Polyesterträger. Der ist so robust,
dass ich Ihnen dringendst empfehle, beim Einspulen des Films in den Tank im
Wechselsack eine Schere mit in den Sack zu nehmen, denn Sie bekommen das Filmende
kaum von der Spule abgerissen. (Sie können mir glauben: Bei meinem ersten
CUBE 400c habe ich ganz schön geschwitzt, weil ich das nicht wusste.) Neben
seiner Robustheit zeichnet den Träger eine hohe Archivstabilität (Lebenserwartung
mind. 500 Jahre) aus. Auch sollten Sie nie nie nie den Filmtransport
Ihrer Kamera gegen unerwartet großen Widerstand zu bewegen versuchen.
Der Film reißt nicht. Die Kraft muss also von der Mechanik Ihrer Kamera
gehalten werden.
MACO ist es geglückt, mit diesem Film kräftig an Kodaks Monopol bei
der Verkehrsüberwachung zu knabbern. Soviel zum "Ja".
Nun zum "vielleicht": Die Sensibilisierung des MACO CUBE 400c reicht
nur wenig ins IR, folglich müssen Sie für einen ausgeprägten
IR-Effekt strenge Filter, vorzugsweise RG 715 einsetzen. Noch dichtere Filter
sollten Sie allerdings nicht nutzen, sonst "blickt" auch der Film
nicht mehr durch. Der CUBE 400c ist nominell ein Film mit ISO 400/27°, die
er in dem von mir verwendeten LP Supergrain (Tiefenentwickler) auch problemlos
erreicht (nach meiner Messung sogar noch ½ bis eine Blendenstufe mehr).
Durch seine Flexiblität (zwei Schichten und Sensibilisierung) und die Preisgestaltung
ist er aus meiner Sicht wirklich ein schöner Standby-IR-Film. Die Aufnahmen
haben ähnlich denen mit Kodak HIE ein ausgeprägtes Korn, neigen aber
wegen der nicht so weit reichenden Sensibilisierung und des Vorhandenseins einer
Lichthofschutzschicht nicht zur Überstrahlung. Anders als beim Kodak HIE
muss man für deutliche IR-Effekte strenge Filter einsetzen und verliert
dabei viel Empfindlichkeit. (Nicht das Thema dieses Artikels, aber trotzdem:
Ich habe zum Auffüllen einer Testrolle einige Portraits geschossen, deren
Tonwertwiedergabe ich einfach toll fand.)
Der Träger dieses Films ist leicht blau und klar (Namenszusatz "c",
s.o.). Als Tipp für "nahezu perfekte Dias" empfiehlt MACO das
Kontaktkopieren der CUBE-Negative auf Ort 25c, wodurch sich weitere Steuerungsmöglichkeiten
durch Belichtung und Entwicklung eröffnen.
Zur Handhabung: Dieser Film kann wie ein konventioneller Film gehandhabt werden.
Einlegen in gedämpftem Licht ist sicher eine gute Idee, aber nicht so kritisch.
Auf die Eigenheiten des reißfesten Trägers beim Einspulen hatte ich
bereits hingewiesen.
Eine KB-Patrone zu 36 Aufnahmen geht beim MACO CUBE 400c für EUR 4 bis
5 über den Tisch. RF 120 ist auch lieferbar, allerdings aus technischen
Gründen kein Planfilm.
Die digitale Überholspur: Digitalkameras mit IR-Empfindlichkeit
CCD-Elemente, die "lichtempfindliche Schicht" von Digitalkameras,
weisen von sich aus eigentlich eine deutlich ins IR reichende Sensibilisierung
auf, die allerdings bei den meisten Kameras durch Filter beschnitten wird, vermutlich
um die Abbildungsqualität zu verbessern. Manche Kameras jedoch, und die
Coolpix 950 (ein heute schon hoffnungslos veraltetes Modell) ist prima als IR-Kamera
zu gebrauchen. Einfach auf SW-Modus schalten, Filter vors Objektiv, und schon
können Sie munter im IR drauflosfotografieren, sogar mit dem Vorteil, dass
die Belichtungsautomatik und der Autofokus auch im IR einwandfrei funktionieren
und Sie die Ergebnisse direkt auf dem Mini-Monitor begutachten können.
Und das ohne Filmwechsel im Dunkeln, zusätzliche Gehäuse oder Rückenteile
usw. Nur der Bildqualität sind durch den CCD-Chip viel engere Grenzen gesetzt
als nasschemischen Filmen (s. dazu auch meinen Artikel des Vormonats zum "digitalen
Sündenfall").
Die Nikon Coolpix ist nicht die einzige Digitalkamera, die für IR-Fotografie
taugt, aber generelle Aussagen vermag ich nicht zu äußern, den z.T.
sind von bestimmten Kameraserien Modelle 1 bis X IR-tauglich, und die Modelle
ab X+1 sind IR-"blind". Wenn Sie also an einer Digitalkamera interessiert
sind und IR für Sie ein Thema ist, sollten Sie in den Laden gehen, so ein
Ding in die Hand nehmen und damit durch ein entsprechendes IR-Filter "schauen".
Wenn Sie auf dem Display noch ein Bild sehen, taugt das Modell für IR-Fotografie.
Achten Sie auf die angezeigte Belichtung, um die Empfindlichkeit abschätzen
zu können.
Zusammenfassende Darstellung der
Eigenschaften der verfügbaren Filme
Die spektrale Sensibilisierung habe ich grob schematisch in der unten wiedergegebenen
Tabelle skizziert. In der folgenden Übersicht wird der Wood-Effekt als
Schlüsselparameter genutzt, um Filme zu charakterisieren.
Kodak HIE
Empfindlichkeit allgemein: | hoch |
Empfindlichkeit IR | hoch |
Wood-Effekt ab Filter: | Rot dunkel (#29) |
Vorteile: | -
deutliche IR-Empfindlichkeit, daher auch mit visuell durchsichtigem Filter
schon ausgeprägte Effekte - hohe Empfindlichkeit, daher oft freihandtauglich und mehr Tiefenschärfenreserve durch Abblenden |
Nachteile: |
- starkes Korn- Schärfe eingeschränkt - umständliche Handhabung (Filmwechsel in völliger Dunkelheit erforderlich) - Probleme bei manchen Kameras (Andruckplattenmuster, IR-Leuchtdioden, Filmfenster) - schwierige Lagerung (im Kühlschrank, besser noch tiefgekühlt im ***-Fach) - nur KB-Film erhältlich |
Anwendbarkeit: | Spezialfilm |
Preis: | hoch |
Konica IR 750
Empfindlichkeit allgemein: | gering |
Empfindlichkeit IR | mittel bis gering |
Wood-Effekt ab Filter: | Rot (#25 oder #29) |
Vorteile: | -
visuelle Empfindlichkeit gering und vorwiegend im Blauen, daher auch mit
visuell durchsichtigem Filter schon ausgeprägte Effekte - feinkörnig - KB und MF erhältlich |
Nachteile: |
- geringe Empfindlichkeit - hoher Kontrast - nur kurze Zeit erhältlich |
Anwendbarkeit: | Spezialfilm |
Preis: | hoch |
Ilford SFX
Empfindlichkeit allgemein: | hoch |
Empfindlichkeit IR | gering |
Wood-Effekt ab Filter: | RG 715 (unter günstigen Bedingungen) |
Vorteile: | -
"Allround" - Film- Handhabung und Lagerung unkritisch (wie konventionelle Filme) |
Nachteile: |
- relativ starkes Korn - meist nur geringer "IR-Effekt" |
Anwendbarkeit: | konventioneller Film mit verbesserter Darstellung bei Rotfilterung |
Preis: | mittel |
MACO IR 820c
Empfindlichkeit allgemein: | mittel |
Empfindlichkeit IR | mittel bis vergleichsweise hoch |
Wood-Effekt ab Filter: | RG 665 |
Vorteile: | -
deutliche IR-Empfindlichkeit daher mit visuell noch eben durchsichtigem
Filter schon ausgeprägte Effekte - feines Korn - gute Schärfe - erhältlich von KB bis GF |
Nachteile: |
- umständliche Handhabung (Filmwechsel in völliger Dunkelheit
erforderlich) - Probleme bei manchen Kameras (Andruckplattenmuster, IR-Leuchtdioden, Filmfenster) - schwierige Lagerung (im Kühlschrank, besser noch tiefgekühlt im ***-Fach) |
Anwendbarkeit: | einsetzbar als IR-Film und eingeschränkt als panchromatischer Film |
Preis: | mittel bis günstig |
MACO IR 750c
Empfindlichkeit allgemein: | mittel |
Empfindlichkeit IR | mittel bis gering |
Wood-Effekt ab Filter: | RG 665, besser RG 695 |
Vorteile: | -
feines Korn - gute Schärfe - Handhabung und Lagerung unkritisch (wie konventionelle Filme) - erhältlich von KB bis GF |
Nachteile: | - vergleichsweise geringe IR-Empfindlichkeit, daher für ausgeprägten IR-Effekt strenge Filter nötig, folgerichtig meist stativgebunden |
Anwendbarkeit: | einsetzbar als panchromatischer Film und IR-Film |
Preis: | mittel bis günstig |
MACO CUBE 400c
Empfindlichkeit allgemein: | hoch |
Empfindlichkeit IR | gering |
Wood-Effekt ab Filter: | RG 715 (unter günstigen Bedingungen) |
Vorteile: | -
hochempfindlicher "Allround" -Film- Empfindlichkeit und Gradation durch Entwickler weitgehend steuerbar - Handhabung und Lagerung unkritisch (wie konventionelle Filme) - erhältlich von KB bis MF |
Nachteile: |
- ausgeprägtes Korn - vergleichsweise geringe IR-Empfindlichkeit, daher für ausgeprägten IR-Effekt strenge Filter nötig, folgerichtig meist stativgebunden |
Anwendbarkeit: | einsetzbar als panchromatischer Film und IR-Film |
Preis: | günstig |
Film |
Sensibilisierung1) |
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VIB |
GYO |
R/IR |
IR |
||
Kodak
HIE |
|
|
|
|
|
Konica
IR 750 |
|
|
|
|
|
Ilford
SFX |
|
|
|
|
|
MACO
IR 820c |
|
|
|
|
|
MACO
IR 750c |
|
|
|
||
MACO
CUBE 400c |
|
|
|
|
|
Nikon
Coolpix 9502) |
|
|
|
|
|
1)
VIBGYOR (oder Roy G. Biv, siehe
Teil 1 dieses Artikels) ist ein Merk-Akronym, um sich leichter
an die Abfolge der Farben im Spektrum zu erinnern: V=Violett, I=Indigo,
B=Blue, G=Green, Y=Yellow, O=Orange, R=Rot |
|||||
2)
Kein Film, sondern Digitalkamera
mit guter IR-Sensibilisierung. |
Wichtig bei allen IR-Filmen ist sachgerechte (d.h. insbesondere kühle)
Lagerung. Wer IR-Filme kauft, die über längere Zeit nicht gekühlt
gelagert wurden, ist selber schuld.
Zu den einzelnen Filmen:
Kodak HIE bieten viele Firmen an, z.B. PHOTOTEC.
Konica IR 750 müssen Sie suchen, zumal der Film nur einmal im Jahr gefertigt
und ausgeliefert wird.
Der Ilford SFX wird nicht mehr hergestellt.
MACOs IR-Filme
bekommen Sie bei vielen Firmen, z.B. bei Monochrom (www.monochrom.de),
und auch direkt bei MACO (E-Mail: photo@mahn.net).
MACO bietet übrigens zur Förderung des Absatzes seiner IR-Filme
Heliopan-IR-Filter ohne Händlerspanne an, und damit viel günstiger
als Heliopan selber (z.B. reiner Filterpreis für RG 715 ES 72 mm für
rund EUR 60 bei MACO und fast EUR 90 bei Heliopan).