Eintesten von SW-Filmen (KB-Film) - Kurzanleitung
Dr. Otto Beyer

Diese Kurzanleitung ist ein Auszug aus dem Vortrag vom "fineartforum" am 5. und 6. Juni 2010 in Paderborn. Es ist eine knappe Zusammenfassung meiner verschiedenen, schon erschienenen Artikel zum Thema, ergänzt um Antworten auf Fragen, die mich persönlich oder per Mail erreicht haben. Diese Kurzanleitung richtet sich speziell an Fotografen, die Kleinbildfilme eintesten möchten.

Ziel des im folgenden beschriebenen Eintestens ist es, die charakteristische Kurve für eine gewählte Film-/ Entwicklerkombination aufzunehmen und die Ergebnisse zu bewerten. Erst die möglichst präzise ermittelte charakteristische Kurve einer Film- / Entwicklerkombination liefert umfassende Informationen über das Abbildungsverhalten.

Die wichtigen Arbeitsschritte sind:

  1. Testbelichtungen vornehmen
  2. Film entwickeln
  3. Auswertung der Ergebnisse

Diese Schritte werden jetzt im Detail erläutert.

1. Wie mache ich die Testbelichtungen

Üblicherweise wird eine Graukarte formatfüllend mit einer Kamera aufgenommen. Das hier vorgestellte Verfahren arbeitet mit einer Mattscheibe vor der Linse und macht die Testbelichtungen gegen den Himmel (Durchlicht statt Auflicht; es ist kein Stativ nötig). Dadurch fällt es leichter alle Testbelichtungen mit einer Verschlußzeit zu machen. Für die Testbelichtungen wird benötigt:

Die Mattscheibe wird aus einem Adapter für das Filtergewinde des Objektivs auf ein sehr gebräuchliches Filtergewinde selbst hergestellt (z.B. Adapter von 46 mm auf 49 mm). Das ist sehr zweckmäßig und spart Geld für Graufilter. In den Adapter wird ein mattes, durchscheinendes dickeres Papier (Schreibwarenhandel; Stichwort Entwurfsblock; Blätter kann man einzeln kaufen) eingepaßt und schon ist die Mattscheibe fertig. Für die Aufbewahrung der Graufilter ist ein passender Filtercontainer hilfreich. Die Abbildung 1 zeigt die nötigen Hilfsmittel.



Abbildung 1: Hilfsmittel für die Testbelichtungen

Nehmen wir an ein Film der 400 ASA - Klasse soll eingetestet werden. Wir suchen uns einen Standort, wo man freien Blick auf ein genügend großes Stück Himmel hat (keine direkte Sonneneinstrahlung).

Die Tabelle 1 enthält die Belichtungsmessereinstellung auch für andere übliche Filmempfindlichkeiten. Bei vorgewählter Empfindlichkeit zeigt ein Belichtungsmesser die Belichtung für Zone V an. Der hier beschriebene Testprozess liefert am Ende eine effektive Filmempfindlichkeiten im Bereich von +1 Blende bis -1 Blende um die Belichtungsmessereinstellung von Zone V (Zeile in Orange). Da die effektive Filmempfindlichkeit meist etwa 2 DIN niedriger ist, als auf der Schachtel aufgedruckt, wird für die Testreihe der eine Blendenstufe niedrigere Wert gewählt (z.B. bei 400 ASA – Film die 200 ASA Spalte der Tabelle 1).

Belichtungsreihen
50 ASA 100 ASA 200 ASA 400 ASA 800 ASA
Lfd. Nr. Zone DIN DIN DIN DIN DIN
1 0 / I+3 33 36 39 42 45
2 I+2 32 35 38 41 44
3 I+1 31 34 37 40 43
4 I 30 33 36 39 42
5 I-1 29 32 35 38 41
6 I-2 28 31 34 37 40
7 II / I-3 27 30 33 36 39
8 III 24 27 30 33 36
9 IV 21 24 27 30 33
10 V 18 21 24 27 30
11 VI 15 18 21 24 27
12 VII 12 15 18 21 24
13 VIII 9 12 15 18 21
14 IX 6 9 12 15 18
15 X 3 6 9 12 15

Tabelle 1: Belichtungsmessereinstellungen für Testbelichtungen

2. Film entwickeln

Wir gehen jetzt in die Dunkelkammer. Die Lasche des Films dort abschneiden, wo der KB-Film seine normale Breite annimmt. Holzstab von 72 cm Länge bereitlegen. Dann im Dunkeln Film auf Länge des Holzstabes aus der Patrone ziehen, abschneiden und in Entwicklungsdose einspulen. Dose verschließen. Der Film kann dann wie gewohnt entwickelt werden.

Im Hellen dann an den Filmanfang des Restfilms eine Lasche schneiden. Als Lehre kann die schon abgeschnittene Lasch verwendet werden. Dann kann die zweite Hälfte des 36er KB-Films für einen zweiten Test verwendet werden.

3. Auswertung der Ergebnisse

Sobald der entwickelte Film getrocknet ist kann die Auswertung beginnen. Als erstes wird das Testmotiv betrachtet (Aufnahme Nr. 0). Bei Bedarf kann später von diesem Negativ ein Testabzug gemacht werden. Die Aufnahmen Nr. 1 bis 15 werden jetzt ausgemessen. Das kann mit einem Densitometer erfolgen, einem Laborbelichtungsmesser (möglichst mit Dichte-Anzeige / lgD) oder mit Spotbelichtungsmesser und Leuchtpult (1 Blendenstufe = 0,3 lgD).

Die Auswertung mit einem Densitometer kann bei Tageslicht recht zügig erfolgen. Bei Verwendung eines Laborbelichtungsmessers muß das Negativ mit Hilfe eines Vergrößerers in der Duka ausgemessen werden (Meßpunkt maskieren wegen Streulicht). Beim Spotbelichtungsmesser ist eine entsprechende Nahlinse und ein Tubus / Rohr sehr hilfreich (Abstand konstant, kein Streulicht).

Gemessen wird am Film der Dichteunterschied zwischen einem klaren Stück Film (Anfang, Ende oder Steg) und der Mitte der jeweiligen Testaufnahme. Man erhält so die "Dichte über Schleier". Diese Meßwerte werden für die Auswertung benötigt.

Die eigentliche Auswertung erfolgt weitgehend automatisiert mit dieser Excel-Tabelle (Excel 2007 nötig). Diese Tabelle für Kleinbildfilme wurde überarbeitet (vergleiche hier) und liegt jetzt in der Version V.2 vor. Sie liefert Kennzahlen für:

Die Exceltabelle enthält mehrere Tabellenblätter

Im Tabellenblatt "Messungen" der Exceltabelle werden zuerst die Kopfdaten und dann die Messergebnisse eingetragen. Dabei bedeutet Kipp 15/30/3x: 15 Sek. Ankippen, dann alle 30 Sek. 3x kippen. Liegen die Messergebnisse als "Dichte + Schleier" vor, werden sie in der Spalte "Dichte" eingetragen und der Schleier im entsprechenden Feld. Der "D-Wert" wird dann automatisch berechnet. Liegen die Messergebnisse als "Dichte über Schleier" vor, werden sie sogleich in Spalte "D-Wert" eingetragen.


Tabelle 2: Tabellenblatt "Messungen"

Wir wechseln jetzt in das Tabellenblatt "Auswertung". Die Messwerte vom Blatt "Messungen" sind alle übernommen worden und werden grafisch angezeigt. Ein Bild sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte.

Ermittlung der effektiven Empfindlichkeit

Zur Ermittlung der effktiven Empfindlichkeit wird der Parameter "off set" (grünes Feld) so gewählt, daß im Feld "Zone I =" ein Wert von 0,10 bis 0,12 angezeigt wird (grünes Feld).

Die effektive Empfindlichkeit wird dann automatisch berechnet und im Kopf angezeigt (grünes Feld):

Die Meßkurve zeigt nun die charakteristische Kurve (rote Punkte) und die Normal-Kurve (blaue Punkte).


Abbindung 2: Meßkurve nach Ermittlung der effektiven Empfindlichkeit

Die Meßkurve zeigt, daß die Entwicklungszeit paßt. Liegt die gemessene Kurve bei den höheren Zonen über der Normal-Kurve wurde zu lange entwickelt; liegt die gemessene Kurve unter der Normal-Kurve wurde zu kurz entwickelt.

Berechnung der N- / N+ Entwicklung

Die im Zonensystem übliche Kennzahl N wird jetzt mit Hilfe des Tabellenblattes "N-Wert" berechnet. Dazu ist in Excel 2007 der sog. "Solver" nötig.

Wenn das Solver-Add-In nicht angezeigt wird, dieses bitte aktivieren (Anleitung hier).

Im Tabellenblatt "N-Wert" bitte den Kursor auf das gelbe Feld D2 setzen und den "Solver" starten (Daten – Solver).

Den Wert von 1,29 oben rechts eintragen (Komma ist wichtig!) und Knopf "Solve" drücken. Das Ergebnis der Berechnung wird als "N +/-" angezeigt und in das Tabellenblatt "Auswertung" übernommen (Feld "Entw. N"). Das Tabellenblatt Auswertung zeigt nun alle relevanten Testergebnisse. Ein N-Wert von etwa "0" bedeutet, daß die Entwicklungszeit paßt; man hat eine sog. Normal-Entwicklung. Die Änderung der Entwicklungszeit kann man gezielt zur Bewältigung von Kontrasten einsetzen, die vom normalen Motivkontrast (6 Blendenstufen; sog. durchgezeichneter Bereich im Print) abweichen - Stichwort Zonensystem.

Motivkontrast Entwicklung
4 Blendenstufen N+2
5 Blendenstufen N+1
6 Blendenstufen N
7 Blendenstufen N-1
8 Blendenstufen N-2

Tabelle 3: Motivkontrast und N-Wert



Tabelle 4: Typische Motivkontraste

Die Darstellung der charakteristischen Kurve kann man mittels einer Trendlinie erheblich verbessern.


Abbildung 3: Meßkurve nach Einblendung der Trendlinie

Dazu im Tabellenblatt "Auswertung"einen roten Meßpunkt mit der rechten Maustaste anklicken und "Trendlinie hinzufügen …" auswählen. Jetzt "polynomisch" und "Reihenfolge 5" auswählen. Es wird eine Ausgleichskurve in Form eines Polynoms 5. Grades berechnet und angezeigt.

Die Trendlinie kann wieder entfernt werden indem dieselbe mit der rechten Maustaste angeklickt und "Löschen" gewählt wird.

Abschließende Bemerkungen:

Viel Freude beim Arbeiten mit Film wünscht Ihnen
Ihr Otto Beyer!

Besuchen Sie meine Internetseite: http://www.fotografie-in-schwarz-weiss.de/