Wahl einer geeigneten Film-/Entwickler-Kombination

(unter spezieller Berücksichtigung von Planfilmen)
von Dr. Otto Beyer

Vorbemerkungen
Ziel der Tests
Erste Testreihe - Filmwahl
Zweite Testreihe –Einfluß des Entwicklers
Wie lassen sich die Ergebnisse besser verstehen?
Rezept "Microdol-X F&L"
Vergleich Fuji Acros und Kodak Tmax 400 (TMY)
Entwicklungsparameter und Verarbeitungshinweise
Referenzen

Vorbemerkungen
Vor der Aufgabe, eine geeignete Film-/Entwicklerkombination auszuwählen, steht jeder, der seine Bildideen optimal umsetzen möchte. Nach wie vor gibt es am Markt eine große Anzahl von Entwicklern und eine stattliche Zahl von verschiedenen Filmen.

Erst wenn man mit Planfilm fotografiert, reduziert sich die Filmauswahl deutlich und das Feld wird überschaubarer.

Wenn man anhand von objektiven Kriterien eine passende Film-/Entwickler-Kombination sucht, führt an eigenen Tests kein Weg vorbei. Bevor man allerdings Testaufnahmen für einen Vergleich anfertigen kann, muß jede Film-/Entwickler-Kombination hinsichtlich der effektiven Empfindlichkeit und der Entwicklungszeit eingetestet werden. Ansonsten kann man nicht sicher sein, daß man den optimalen Arbeitspunkt einer für den Vergleich betrachteten Film- /Entwickler-Kombination benutzt hat, um die Testabzüge zu erzeugen. D.h.:

  1. Schritt: Film-/Entwickler-Kombinationen eintesten (Empfindlichkeit und Entwicklungszeit ermitteln)
  2. Schritt: Testaufnahmen machen mit der gefundenen Empfindlichkeit und Filme mit der ermittelten Entwicklungszeit entwickeln
  3. Schritt: Testprints anfertigen

Dieses Vorgehen in drei Schritte macht solche Tests so aufwendig, daß für viele die Versuchung groß ist, den ersten Schritt einfach wegzulassen und die Herstellerangaben zu verwenden. Das führt aber meist zu unkontrollierbaren Ergebnissen und sollte auf alle Fälle vermieden werden.

Kritische Testaufnahmen sollten mit einem hochwertigen, leichten Teleobjektiv aufgenommen werden. Diese Objektive haben bauartbedingt eine bessere Abbildungsleistung als z.B. Weitwinkelobjektive aus demselben Objektivprogramm. Man kann sonst nicht sicher sein, ob nicht doch ein ungeeignetes Objektiv der begrenzende Faktor des Tests war. Aussagen wie: "Es konnten keine Unterschiede gefunden werden" haben in diesen Fällen dann die Ursache im ungeeigneten Objektiv, das für die Testaufnahmen verwendet wurde und spiegeln nicht die Eigenschaften der verwendeten Film-/Entwickler-Kombination wider.

Für die Beurteilung der Abzüge wird ein Vergrößerungsmaßstab entsprechend einem Format von 30x40cm zugrundegelegt. Ein Ausschnitt daraus im Format 18x24cm wird für einen Vergleich herangezogen. Für die Internetpräsentation der Ergebnisse werden zusätzlich noch Ausschnitte aus den 18x24 Abzügen gezeigt.

Ziel der Tests:
Für das Format 4x5 Inch wird eine Film-/Entwickler-Kombination gesucht, die für Architektur- und Landschaftsaufnahmen beste Ergebnisse hinsichtlich Schärfe und Korn liefert.

Begründung: Landschafts- und Architekturaufnahmen leben in den allermeisten Fällen von der prägnanten Bildschärfe. Dann muß der Himmel bei diesen Aufnahmen oft nachbelichtet werden, um ausreichend Zeichnung in den Wolken zu bekommen. Durch ein Nachbelichten wird vorhandenes Korn besonders betont. Verschärfend kommt hinzu, daß das Korn in homogenen Flächen wie dem Himmel besonders auffällig ist.

Für den Start wurde als Film aus der Klasse "konventioneller Film mittlerer Empfindlichkeit" der Klassiker FP4 plus gewählt, der in dem Standard-Entwickler XTOL in der Verdünnung 1+2 entwickelt wurde. Xtol ist ein gängiger Entwickler mit bekannt feinem Korn. Nachdem mehr als ein halbes Dutzend Schachteln Planfilme für Landschaftsaufnahmen belichtet und verarbeitet waren, tauchte dann doch die Frage immer deutlicher auf, ob es nicht hinsichtlich Bildschärfe besser geht. Das führte dann zur ersten Testreihe zum Thema Filmwahl.

Erste Testreihe - Filmwahl
Als Filme wurden ausgewählt der FP4 plus und der bei vielen GF-Fotografen so beliebte TMAX 400 (TMY bis Oktober 2007). Den Delta 400 gibt es als Planfilm leider nicht. Den allerneuesten TMAX 400 (TMY) konnte ich als Planfilm noch nicht beschaffen. Testaufnahmen von Terry Schaeven auf Rollfilm legen aber die Vermutung nahe, daß die Bildergebnisse praktisch keine oder nur sehr geringe Unterschiede zeigen.

Beide Filme wurden in Microdol-X in der Verdünnung 1+3 entwickelt. In den Vorversuchen hatte sich herausgestellt, daß der FP4 plus in diesem Entwickler bei feinem Korn erkennbar schärfere Negative lieferte als mit XTOL.

Ergebnisse

Aufnahme auf FP4 plus

Aufnahme auf TMY

Gesamtbild 30x40

Gesamtbild 30x40

Ausschnitt 18x24

Ausschnitt 18x24

Detail

Detail

Detail max. Auflösung

Detail max. Auflösung


Bewertung
Ein Vergleich der Testprints erfolgt an den Gebäudeteilen, da sich diese auch bei Wind nicht bewegen. Die Abzüge vom FP4 plus und TMY zeigte hinsichtlich Korn und Schärfe keine Unterschiede. Das bedeutet: Für ein gutes Bildergebnis kann bedenkenlos der TMY gewählt werden. Die zwei Blenden Gewinn sind speziell bei Landschaftsaufnahmen sehr willkommen, da hier die Bewegung von Pflanzen durch Wind sonst leicht zum Problem werden kann. Dies erklärt damit auch die Vorliebe vieler Architektur- und Landschaftsfotografen für dieses hervorragende Material.

Zweite Testreihe – Einfluß des Entwicklers
Hier soll untersucht werden, welchen Einfluß die Wahl des Entwicklers hat. Es wird vielfach berichtet, daß die Bildergebnisse des TMY nicht so stark vom verwendeten Entwickler abhängen wie bei herkömmliche SW-Filmen. Daher wurden mit dem TMY Testaufnahmen gemacht und einmal mit dem in der GF-Fotografie sehr gebräuchlichen HC-110 (1+43) und einmal mit Microdol-X 1+3 entwickelt. Hermann Brix hat für den TMY in HC-110 geeignete Entwicklungsparameter angegeben [2].

Ergebnisse

Aufnahme auf TMY / HC-110

Aufnahme auf TMY / Microdol-X 1+3

Gesamtbild 30x40 cm

Gesamtbild 30x40 cm

Ausschnitt 18x24 cm

Ausschnitt 18x24 cm

Detail

Detail

Detail max. Auflösung

Detail max. Auflösung


Bewertung
Wieder wurden Testprints angefertigt. Es zeigte sich, daß der in Microdol-X 1+3 entwickelte TMY sichtbar schärfere Prints lieferte. Die jeweils beiden ersten Bilder dienen zur Orientierung. Bei den Details werden Unterschiede besonders augenfällig. Schon auf den Negativen konnte man das mit einer 6fach Lupe deutlich erkennen. Dieses Ergebnis zeigt, daß eigene Tests für wichtige Materialien unverzichtbar sind.

Wie lassen sich die Ergebnisse besser verstehen?
Jeder ernsthaft an der objektiven Qualität der Bildergebnisse interessierte Fotograf hat sich immer mal wieder damit beschäftigt, wie man die Schärfe der Abzüge verbessern kann. Über die verschiedenen Aspekte dieses Thema ist auch schon viel diskutiert und geschrieben worden. Barry Thornton hat intensiv daran gearbeitet, die Schärfe seiner Abzüge zu verbessern und hat dazu wichtige Aspekte in seinem Buch "Edge of Darkness" [3] zusammengetragen. Dabei hat sich gezeigt, daß die Wahl eines geeigneten Entwicklers durchaus dabei helfen kann, diesem Ziel ein Stück näher zu kommen.

Um ein scharfes Bildergebnis bei wenig Korn zu erhalten, sollte ein Entwickler eingesetzt werden, der den sogenannten Kanteneffekt (Eberhard-Effekt http://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard-Effekt) hervorruft und dazu feinkörnig arbeitet.

Von vielen Entwicklersubstanzen ist bekannt, daß sie keinen Kanteneffekt liefern. Dazu gehören z.B. Phenidon (FX39, Aculux, DD-X, T-Max Entwickler, Microphen) oder Vitamin C (Xtol). Wichtige Entwicklersubstanzen, die den gesuchten Kanteneffekt liefern, sind Metol und Para-Aminophenol (Rodinal). Para-Aminophenol arbeitet nicht so besonders feinkörnig und Entwickler dieses Typs werden daher hier nicht weiter betrachtet. Entwickler mit Entwicklungssubtanzen wie Pyrogallol oder Brenzkatechin, die einen "Stain" hervorrufen (Färbung des Negativs), sollen hier auch nicht untersucht werden, da sie in Kombination mit VC-Papieren einige Besonderheiten aufweisen (siehe auch [3] Kapitel 8).

Bleiben die Entwickler zur Erzeugung eines Kanteneffekts übrig, die Metol als alleinige oder hauptsächliche Entwicklersubstanz enthalten. Eigenschaften von Metol sind: Arbeitet feinkörnig, nutzt die Empfindlichkeit gut aus, gute Haltbarkeit und geringe Neigung zum Schleiern. Bekannte handelsübliche Vertreter dieser Gattung von Entwicklern sind Microdol-X oder Perceptol als Pulverentwickler und CG-512, Rollei RLS oder Neofin (Beutler [4]) als Flüssigkonzentrate. Die FX1-Rezeptur gehört auch in diese Klasse [5]. Neofin und FX1 sind auf maximale Empfindlichkeitsausnutzung optimiert (Verwendung von Natriumkarbonat) und arbeiten damit nicht so feinkörnig wie die anderen genannten Entwickler. Entwickler vom Typ Microdol-X sind hauptsächlich bekannt als Feinst­kornentwickler und haben diese Eigenschaft, wenn sie unverdünnt eingesetzt werden. Für unsere Zwecke dürfen sie allerdings nur in der Verdünnung 1+3 eingesetzt werden, da ansonsten die hohe Konzentration von Natriumsulfit der Kantenbildung entgegenwirkt (Rezept siehe unten).

Diese Klasse der Metol-Entwickler hat als Schärfeentwickler mit feinem Korn eine merklich längere Entwicklungszeit als übliche Standard-Entwickler. Deshalb sollten sie am besten bei 24ºC verarbeitet werden. Dies hat hinsichtlich des Ergebnisses keine Nachteile, da bei diesen Entwicklern nicht mehrere Entwicklungssubstanzen in ihrem Zusammenwirken durch die Änderung der Temperatur beeinflußt werden können. Da in vielen Labors im Sommer eine Raumtemperatur von mehr als 20ºC herrscht, können die 24ºC auch ein gewichtiger Vorteil sein.

Für Leute, die gerne mit selbstangesetzten Entwicklern arbeiten, sei hier noch eine Rezeptur angegeben, die in der Zeitschrift Foto & Labor veröffentlicht wurde [1]. Dieses Rezept muß den käuflichen Produkten sehr ähnlich sein.

Microdol wurde in den Jahren 1940 bis 1944 von Richard Henn bei Kodak aus D-23 (http://www.digitaltruth.com/techdata/kodak_d23.php) und D-25 (http://www.jackspcs.com/fd25.htm) entwickelt. Die wichtige Entdeckung von Henn war, daß Kochsalz das Korn reduziert, ohne die Entwicklungszeit zu verlängern. Damit war dann eine besonders einfache Rezeptur gefunden, die, ohne Verwendung von dem sonst gebräuchlichen Paraphenylendiamin (PPD), feinstes Korn hervorrief. Die Kodak-Rezeptur wurde bisher nie veröffentlicht. In den 60er Jahren wurde die Rezeptur geringfügig verändert (Microdol-X), um den Dünnschichtfilmen besser gerecht zu werden. Perceptol ist das entsprechende Pendant von Ilford ähnlich D-76 und ID-11 oder HC-110 und Ilfotec HC.

Rezept "Microdol-X F&L"
Dies ist das Rezept für einen Feinstkornentwickler [1]. Bei der Empfindlichkeitsausnutzung muß man hier allerdings Abstriche machen. Je nach Film verliert man 0,5 bis 2,5 DIN. Normales Kochsalz (Haushaltsware) sollte nicht verwendet werden, da Bromid- und Jodidreste die Entwicklung merklich beeinflussen können. Eine Verdünnung von 1+3 steigert die Schärfe deutlich und der Empfindlichkeitsverlust hält sich mit zirka 1 DIN in engen Grenzen. Die Entwicklungszeiten sollten bedenkenlos vom Kodak Original übernommen werden können.

Rezept "Microdol-X F&L"
Wasser  
800ml
Calgon 
2.0g
Metol  
5.0g
Natriumsulfit sicc.
100g
Natriumchlorid sicc.
30g
Wasser auf  
1.000ml

Calgon ist das im Handel erhältliche Foto-Calgon. Es handelt sich um Polyphosphate, die als Komplexbildner eingesetzt werden (kein "Waschmaschinen-Calgon"). Calgon ist charakterisiert durch seinen fast neutralen ph-Wert, seine gute Wirksamkeit und den geringe Einfluß auf die übrigen Bestandteile des Entwicklers. Mit 2 bis 3 Gramm pro Liter werden Kalkabscheidungen zuverlässig vermieden.

Dieses Rezept ist auch im "The Film Developing Cookbook" [6] auf Seite 69 zu finden.

Vergleich Fuji Acros und Kodak Tmax 400 (TMY)

Als Ergänzung zu den obigen Tests wurde noch ein Vergleich der beiden Filme Acros und TMY vorgenommen. Beide Planfilme im Format 4x5 Inch wurden in Microdol-X in der Verdünnung 1+3 bei 24 ºC entwickelt. Die erste Aufnahme zeigt jeweils einen 18x24 cm Ausschnitt aus dem Zentrum einer 40x50 cm Vergrößerung. Die jeweils zweite Aufnahme zeigt einen Ausschnitt aus dem 18x24 cm Abzug ohne Verkleinerung.
Ergebnisse:

Aufnahme auf Acros / Microdol-X 1+3

Aufnahme auf TMY / Microdol-X 1+3

Ausschnitt 18x24 cm

Ausschnitt 18x24 cm

Detail max. Auflösung

Detail max. Auflösung

Deutlich erkennbar zeigte der Acros das feinere Korn und der TMY die bessere Schärfe.
Viele Fotografen arbeiten bei Nachtaufnahmen gerne mit dem Acros wegen des günstigen Schwarzschildverhaltens. Laut Datenblatt sind bei einer Belichtungszeit bis 120 Sek. keine Korrekturen erforderlich und bei Zeiten von 120 bis 1.000 Sek. nur eine Belichtungskorrektur von + ½ Blende.
Detaillierte und praxiserprobte Aussagen zum Schwarzschildverhalten u.a. des TMY sind aus sehr bemerkenswerten Untersuchungen bekannt [7] und [8].

Entwicklungsparameter und Verarbeitungshinweise
Die Planfilme wurden wie in [3] beschrieben in Combi-Plan Tanks und Wasserbad entwickelt.

FP4 plus in Xtol 1+2: ISO 80/20; 20ºC; Kipp: 15/30/1x; siehe hier

FP4 plus in Microdol-X 1+3: ISO 64/19; 12 Minuten bei 24ºC; Kipp: 15/30/2x

TMY in HC-110 1+43: ISO 200/24; 9,5 Minuten bei 20ºC; Kipp: 15/30/2x

TMY in Microdol-X 1+3: ISO 200/24; 12,5 Minuten bei 24ºC; Kipp: 15/30/3x

Acros in Microdol-X 1+3: ISO 50/18; 14 Minuten bei 24ºC; Kipp: 15/30/3x

Anmerkungen
Vielen Dank an Sevan Anasal, der mir einige wichtige Anregungen und Hinweise zum Thema gegeben hat.

Es ist jetzt auch keine wirkliche Überraschung mehr, daß die Entwicklungszeiten für Microdol-X in der Verdünnung 1+3 sehr ähnlich sind mit denen des CG512 oder Rollei RLS.

Für den Acros und TMY als Flachkristallfilme sollte Zweibadfixage verwendet werden: Klärzeit bestimmen – doppelte Klärzeit in Fixierbad 1, dann einfache Klärzeit in Fixierbad 2.

Hier der Artikel als PDF-Datei zum Download.

Besuchen Sie auch meine Homepage: http://www.fotografie-in-schwarz-weiss.de/

Sollten Sie Fragen haben, schreiben Sie mir.

Viel Freude und Erfolg beim Arbeiten mit Film!

Beste Grüße, Otto Beyer!


Referenzen

[1]        Foto & Labor 04/95 Seite 9
[2]        Hermann Brix: Großformat-Fotografie; 2003 http://www.grossformatfotografie.com/
[3]        Barry Thornton: Edge of Darkness, ISBN 0-8174-3815-7; Kapitel 7
[4]        Rezept Beutler Entwickler: http://www.jackspcs.com/fdnb.htm
[5]        Rezept für FX1: http://www.jackspcs.com/fx1.htm
[6]        Stephen G. Anchell, Bill Troop: The Film Developing Cookbook, 1998
http://books.google.de/books?id=lzAKYgLtTd4C&printsec=frontcover&dq=Film+Developing+Cookbook&sig=ACfU3U3g9CzTWNo_Zg1NAz9SfeDZTmKJJg#PPA69,M1[7]        Howard Bond: Black-and-White Reciprocity Departure Revisited PHOTO Techniques July/Aug. 2003
http://www.phototechmag.com/articles/articles/200705/0403Bond_Reciprocity2.pdf
[8]        Patrick A. Gainer: LIRF is Lurking at Your F-Stop
http://www.unblinkingeye.com/Articles/LIRF/lirf.html