Tageslichtentwicklungstank für die
Horizontalentwicklung von Planfilmen

Grossformatfotografen sind sehr besinnliche Menschen. Das kommt ganz von selbst, denn der Mensch findet zu sich selbst, wenn er N-2, N-3, oder N+2 Filme in absoluter Dunkelheit alle paar Minuten zärtlich in ihrem Entwickler bewegt und dabei nur dem Prozesstimer lauscht. Das kann ja auch gerne mal 15 bis 20 Minuten Entwicklung plus noch mal 10 Minuten für all den Rest brauchen. Und kommt man dann von einer Fotoreise zurück, hat man ja von solchen Filmen eine ganze Reihe…

Mit der Besinnlichkeit ist es jedoch spätestens dann vorbei, wenn dann beim Lichteinschalten merkt, dass man wohl ein Bad übersprungen hat (die Schalen standen so nah beieinander) oder wenn einem in der halben Stunde ein anderer Fehler unterlaufen ist. Mir jedenfalls passierte ständig irgendwas. Für die N und N+ -Zeiten habe ich mir daher eine Jobo Expert Drum zugelegt, in der ich 4 8x10 Inch Formate mit perfekter Gleichmäßigkeit im Hellen entwickeln kann. Bleiben jedoch die N-2/3/4/5 Zeiten, für die die Rotationsentwicklung nicht in Frage kommt. Diese Kontrastkompensation erreicht man nur über lange Stillstandsphasen und nachgeschaltete Boraxbäder.

Nun gibt es bereits Tageslichtentwicklungstanks für Planfilme. Jedoch sind dies meines Wissens nach immer Vertikalsysteme, die aber genau für die Stillstandsentwicklung nicht nutzbar sind. Bromidverbindungen laufen an den senkrecht stehenden Filmen ab und führen zu Streifen. Daher kommt man hier um Entwicklungen in der Schale nicht herum.

So machte ich mich daran, zu überlegen, wie man sich einen Tageslichtentwicklungstank bauen könnte. Häufig wird empfohlen, die Schale einfach in einen Papiersafe zu stellen. Dazu ist jedoch zu sagen, dass dann die Schale für jeden Badwechsel aus dem Safe bei Dunkelheit herausgenommen werden muss. Mir schwebte auch vor, ein System zu bauen, das für Entwicklungen vor Ort - beispielsweise im Hotel - geeignet ist. Im mobilen Einsatz möchte man nicht unbedingt bis zu 8 Schalen aufstellen (Vorwässerung, Entwickler, Stopp, Borax, Fixer 1, Fixer 2, Auswässerungshilfe, Wässerung).

Die zweite Vorgabe war, preislich "die Kirche im Dorf" zu lassen – teure Sonderanfertigungen erreichen schnell mehrere hundert Euro Kosten.

Hier also meine Bauanleitung für ein System, das innerhalb einer Stunde mit ein wenig Geschick gebaut ist.

Es beruht auf 3 Entwicklungsschalen. Zwei gleich große (1 und 3, siehe Abb. 1) und eine kleinere (2), die das Format des gewünschten Negativs aufnehmen können muss.

In diesem Zusammenhang wird von verschiedenen Autoren darauf hingewiesen, dass Schalen zur Negativentwicklung immer etwas größer als das Negativ gewählt werden sollten. Der hin- und herschwappende Entwickler erzeugt an den Rändern der Schale Turbulenzen, die den Film dort stärker entwickeln, als in der Mitte. Also ruhig ein wenig größer… Ach, ja, und dass die Schalen aus schwarzem Kunststoff sein sollten, ist wohl selbstredend, denn sie sollen ja lichtdicht sein.

Die kleine Schale 2 kommt in die größere 1. Der Schale 3 habe ich den oberen Rand abgeschnitten. Das geht mit einer guten Schere oder einem Teppichmesser recht gut. Durch die konische Form der Schalenwände passt diese Schale dann von oben auf die beiden anderen und zwar so, dass sich dadurch eine Lichtfalle bildet.

Wie tief man den Rand abschneidet, kann ich schlecht sagen. Es kommt sicher auf die jeweiligen Schalen an. Bei mir haben etwa 3 bis 4 cm gereicht. Zusätzlich habe ich die Schale dann noch an den Ecken eingeschnitten damit sie sich zusammendrücken kann und tiefer auf die untere Schale 2 gepresst werden kann. Eventuell wird man sich an die ideale Abschnittstiefe herantasten müssen. Einen Eindruck der Kürzung seht Ihr unten:

Das unten folgende Bild zeigt, wie der Grundriss der Schale 3 durch das Abschneiden verkleinert wird und folglich dann umgekehrt in die Schale 1 passt, obwohl ja beide ursprünglich gleich groß sind:

Nachstehend der fotografisch gescheiterte Versuch, zu zeigen, wie der obere Deckel zwischen die Wände der unteren beiden Schalen eintaucht und die Lichtschleuse erzeugt.

Soweit, so gut. Das ergibt eine lichtdichte Schale. Aber wie kommen in diese die Chemikalien rein und wieder raus? Hier habe ich mir lange die Haare gerauft und viele Ideen für Lichtschleusen entwickelt, die Chemikalien durchfließen lassen, ohne Licht einzulassen. Die Lösung war dann aber eine ganz einfache: Schale 1 und 2 werden durchbohrt. Durch einen Schlauch, der dann noch durch einen schwarzen Winkel geführt wird können Chemikalien zu- und abgeführt werden, ohne dass Licht den Film erreicht.

Der schwierigste Teil dieser Bastelei ist, das Loch zu bohren und es nachher dicht zu bekommen.

Das Bohren lässt sich mit einem speziellen Aufsatz für die Bohrmaschine machen, das Ding heißt "Holz-Zentrumsbohrer". Sehen kann man das im Internet z.B. hier: (einfach mal den Begriff googlen…)

Man sollte das Loch so gut wie möglich der Größe des Kunststoff-Fittings/Winkels anpassen. Das spart später Ärger, weil dann die Dichtung besser aufliegt. Aber keine Angst, selbst ein so ausgefranstes Loch wie hier abgebildet, habe ich dicht bekommen.

Auch gilt es, das Loch recht nah am Boden der Wanne zu bohren. Nur so ist später die Auslassöffnung sehr nah am Boden und man kann die Chemikalien fast restlos ausgießen.

  

Zum Dichten hatte ich ursprünglich gedacht, das Fitting einfach einzukleben. Weit gefehlt! Die Entwicklungsschalen sind aus einem Material gemacht, dass toll beständig gegen Chemikalien ist – und damit auch gegen jeden mir bekannten Kleber. Nichts wollte haften: Daher mussten dann Dichtungen her. Und zwar solche aus richtigem dicken Gummi – kein Moosgummi und auch keine Dichtungen aus Metallarmaturen. Damit diese gut gegen die Schalenwand gedrückt werden, habe ich den Kunststoffwinkel mit einer 2-Komponentenpaste (Pattex Wunderpaste - gibt's in jedem Baumarkt) um eine Manschette ergänzt. Rechts sieht man wenn man genau schaut, wie diese die Dichtung unterfüttert. Versucht's ruhig erstmal ohne diese unförmige Manschette. Ich hatte das gemacht, weil ich ursprünglich Moosgummidichtungen hatte, die beim Einschrauben sofort an den Seiten rausrutschten. Mit einer vernünftigen Gummidichtung, die eng anliegt, ist die Manschette evtl. überflüssig.

Das ganze wird dann durch die Wand geschraubt...

…und von innen mit einer weiteren Dichtung und einer Mutter gekontert.

Jetzt noch den Schlauch verbinden und durch das zweite Loch in der äußeren Schale nach draußen führen – fertig!

  

Ich habe die beiden inneren Schalen nicht aneinander verbunden.  Sie liegen nur ineinander und der Schlauch hält sie grob zusammen.

Die obere, wenn sie eingedrückt wird, hält alles gut zusammen. Auch lässt sich so alles leichter reinigen.

"Bedienung"

Ich bestücke die Schale in meinem Filmwechselzelt mit dem Film. Nach Aufpressen des oberen Deckels kann ich das ganze ans Licht holen. Geschlossen sieht das ganze so aus:

Ich habe mich beim erstenmal mit einem unbelichteten Stück Film, das ich entwickelt habe, davon überzeugt, dass alles lichtdicht war. Skeptische Naturen können die ganze Konstruktion auch noch in eine schwarze Tüte von einer verbrauchten Packung Fotopapier stecken.

Zum Einfüllen der Chemikalien hebe ich den Schlauch, an den ich einen Trichter angebracht habe und gieße ein.

Zum Entleeren den Schlauch tiefer als den Schalenboden halten und die Schale so kippen, dass die Chemikalien in der Ecke in den Schlauch laufen. Es bleibt erstaunlich wenig Chemie in der Schale, wenn man das Loch richtig gebohrt hat!

Das war's!

Verbesserungsmöglichkeiten:

Der obere Deckel hat die Tendenz, sich an den konischen Wänden der äußeren Schale nach oben zu drücken. Hier wäre noch ein System wünschenswert, mit dem man die obere Schale auf der unteren festmachen könnte. Ich schiebe, um ganz sicher zu sein, das gesamte Schalensystem während der Entwicklung in einen schwarzen Kunststoffsack. Das ist aber nur eine weitere Vorsichtmaßnahme. Versierte Bastler können natürlich auch am besten die Schalen aus lichtdichtem Kunststoff selbst bauen. Das wäre dann viel eleganter und passgenauer. Wenn man dabei ein Material verwendet, das sich gut kleben lässt, dann würde ich auch noch ein Reststück über die Ecke der innersten Schale kleben, an der der Ausfluss ist. Das vermeidet dann, dass wenn man beim Entleeren zu schnell kippt, Flüssigkeit über den Rand in die äussere Schale fliesst.

Und ich versuche seit Ewigkeiten einen schwarzen Schlauch zu bekommen……

Ansonsten klappt alles prima. Würde mich freuen, Eure Erfahrungen zu hören.
Schreibt mir an schwarzweiss@stellar-attractions.com

Marc Ludwig